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Kapitel III: Dem Himmel entgegen

 
 

Das Zeugnis des libanesischen Einsiedlers
Charbel Makhlouf


Father Hanna Skandar
 

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 Inhaltsverzeichnis
 Einführung
 
 Kapitel I: Seine Kindheit
 Kapitel II: Den Alltag leben
 Kapitel III: Dem Himmel entgegen
 
 Schlussbemerkung & Die Zeugen
 Spezielle Sharbel
 

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  the Crucifixion
 

A: Er trug unsere Leiden (Mt 8,17)

B: Seine letzte heilige Messe

C: Seine letzten Lebenstage

D: Dem Grab entgegen

E: Das Licht der Auferstehung

F: Dein Gerechter wird nicht die Verwesung schauen. (Apg 2,27)

G: Jetzt außerhalb des Friedhofs

H: In einem kleinen Dachbodenraum

I: In den Händen von Père Youssef Al-Kfouri

J: Die Unterkunft

K: In der Kapelle

M: Charbels persönliche Gegenstände

N: Doktor Georges Chokrallah

O: Weitere Untersuchungen

P: Bis in die fünfziger Jahre

Q: Charbels Bildnis

R: Ich gieße meinen Geist aus über alles Fleisch (Apg 2,17)

 
the Resurrection of Jesus

 

A: Er trug unsere Leiden. (Mt 8,17)

 

1) Die Heilung des Bruders Boutros Jawad aus Mechmech

     „Ich, Frère Boutros Jawad aus Mechmech, hatte mehr als zwei Jahre lang Brust- und Magenschmerzen, die mich nur schwer atmen ließen. Es waren asthmaähnliche Schmerzen, die mir den Atem nahmen, schon wenn ich den Angelus betete. Ich wurde medizinisch behandelt, aber ohne Ergebnis. Ich war Tag und Nacht müde, bis zu dem Zeitpunkt, an dem Père Charbel mich segnete. Ich wurde wieder gesund ohne Folgeschmerzen, ja, in der Folgezeit arbeitete ich sogar hart und trotz meiner 60 Jahre kann ich meine mühselige Handarbeit fortsetzen.“

 

2) Er rettete ein Mädchen vom Tode.

     „Als meine Schwester Gras auf einem felsigen Abhang in Ehmej, „der Kirchhang“ genannt, abriss, machte sie einen falschen Schritt und fiel von der Spitze eines etwa zwanzig Meter hohen Felsens auf den Boden. Sie war ohnmächtig, machte keine Bewegungen mehr, blieb stumm, ihr Körper und Gesicht waren von Kratzern und Wunden gezeichnet. Alle Lebenswärme in ihr war wie erloschen, sie sah gelblich aus, und ihr Puls stockte. Die Dorfbewohner legten sie auf eine Matratze und trugen sie, im Glauben, dass sie schon tot sei, ins Haus. Als ich, Youssef Abboud, vom Unfall erfuhr, stürzte ich völlig bestürzt in die Einsiedelei, wo ich Père Charbel den Unfall mitteilte. Ich bat ihn, er solle Fürbitte bei Gott für sie einlegen und mir Weihwasser geben. Als er mich so verwirrt sah, sprach er zu mir: „Deine Schwester lebt noch und sie wird gesund werden. Nimm dieses Weihwasser und besprenge sie damit.“ Wieder zu Hause fand ich sie noch immer in Ohnmacht, und die Leute um sie herum waren in Unruhe und weinten. Ich besprengte meine Schwester mit Weihwasser. Da nahm ihr Körper wieder Farbe an. Sie öffnete die Augen und begann zu sprechen. Zwei Tage später verließ sie völlig genesen ihr Bett.“

 

3) Die Heilung eines Stummen (Mk 7,32-37)

     „Ich, Bruder Francis Qartaba, habe einen Bruder namens Assaad Hanna Salem, der plötzlich erkrankte. Zwei Monate lang konnte er nicht mehr sprechen. So schickten meine Eltern mich mit einem Brief zum Kloster von Annaya, und der Obere gab mir den Auftrag, ihn zu besuchen. In meinem Dorf Qartaba glaubten die Bewohner, er sei verrückt geworden und gaben mir den Rat, ich solle ihn ins Kloster von Qozhaya mitnehmen, wo man Besessenen den Exorzismus erteilte. Ich führte meinen Bruder in die Einsiedelei und bat Père Charbel inständig, er solle über seinem Haupt beten und solle mir sagen, ob er eine Chance auf Heilung habe oder nicht. Er gab mir zur Antwort: „Bringen Sie ihn in die Kirche!“ Ich ließ ihn auf einer Stufe des Chorraums niederknien, Père Charbel kam mit dem Evangelium in der Hand und trug die Stola um den Hals. Er gab etwas Weihwasser zusammen mit einigen zerriebenen Knochenreliquien von Märtyrern in seine Handfläche. Dies ließ er meinen Bruder trinken und sagte mir dabei: „Hab keine Angst. Er wird wieder gesund werden.“ Dann gingen wir – das waren ich, Saba Tannous Moussa und mein stummer Bruder – wieder ins Dorf zurück. Nach zehn Minuten Fußweges schrie plötzlich mein Bruder laut auf und rief mich mit: „Mein Bruder!“ an. In einiger Entfernung von uns gingen Mönche auf die Einsiedelei zu. Auch sie rief er an: „O Bruder Boutros aus Maïfouq, O Bruder ...“ So verbrachte er singend und jubilierend den ganzen Tag, bis wir zu Hause in Qartaba angekommen waren.“

 

4) Ein anderer Stummer

     „Mein Sohn namens Tannous ist Mönch im Kloster von Maïfouq. Er nahm später den Namen Boutros an, als er in den Orden eintrat. Er war von Geburt an bis zum Alter von acht Jahren stumm, hörte aber gut. Wir waren sehr traurig über seine Stummheit. Eines Tages führte ich, Moussa Moussa, ihn in die Einsiedelei der Heiligen Petrus und Paulus und bat Père Charbel, für ihn zu beten. Von da an begann das Kind nach und nach wieder zu sprechen und heute spricht er so gut wie jeder andere.“

 

 

5) Der Verrückte von Ehmej

     Père Youssef aus Ehmej erzählt: „Früher wohnte ich bei einem Mann aus Ehmej namens Jibraël Youssef Saba. Nach seiner Hochzeit mit einem Mädchen aus dem oben erwähnten Dorf, die trotz des Widerstandes der Eltern des Mädchens stattfand, wurde er wahnsinnig. Er zerriss seine Kleider, stieß Verwünschungen aus und lief nackt durch die Felder. Eines Tages sah ich ihn ganz nackt aus einiger Entfernung. Er trug einen Revolver in der Hand und zielte auf seine Brust. Die Kugel trat aus, traf ihn aber nicht. Ich rannte ihm bis in sein Haus nach, wo ich ihn fand, als er gerade die Perlen des Rosenkranzes seiner Frau unter Verwünschungen zerriss. Da ich sein Trauzeuge bin, riet ich den Angehörigen, ihn zu Père Charbel zu führen. Die Eltern dachten zunächst daran, ihn zur Grotte des heiligen Antonius in Qozhaya zu bringen. Dorthin brachte man nämlich damals die geistig Verwirrten, um sie heilen zu lassen. Sie brachten also Jibraël nackt und bloß zur Einsiedelei. Vor der Kirche weigerte er sich einzutreten. Vergeblich versuchten wir, ihn hineinzuführen. Einer der Einsiedler, Père Libaos, drängte sogar dazu, er aber wehrte sich dagegen. So sprach ich mit Père Charbel über dieses Gebaren. Er ging hinaus und forderte ihn auf: „Geh in die Kirche!“ Er gehorchte ohne den geringsten Widerstand, setzte sich aber nicht so hin, wie es sich gehörte. Deshalb sagte der Einsiedler zu ihm: „Knie dich hin!“ Er kniete sich hin und verschränkte die Arme wie ein Engel. Daraufhin las ihm der Einsiedler aus dem Evangelium vor und betete über seinem Haupt. Er war sofort geheilt. Mit Tränen in den Augen schaute Jibraël seine Eltern an und sagte: „Gebt mir meine Kleider!“ Er verließ die Kirche gesund und völlig normal. Zur Zeit lebt er in Amerika.“

 

6) Er rettete Kinder vom Tode.

     „Meine Mutter erzählte mir, Boulos Makhlouf, mein Vater Nouha sei einmal zu seinem Bruder Père Charbel in die Einsiedelei von Annaya gegangen. Der Einsiedler gab ihm eine Medaille des heiligen Antonius, die er sich um den Hals umhängen solle. Aber sein Cousin Ibrahim Hanna Ibrahim aus Bqaakafra hatte vom Geschenk des Einsiedlers erfahren. Er bat meinen Vater um die Medaille und hängte sie seinem Sohn Nehemtallah um. Dieser Mann hatte ins Grab dreier Knaben blicken müssen, die jeweils ein Jahr nach der Geburt verstorben waren. Aus Angst vor einem möglichen Tod seines Sohnes Nehemtallah hängte er ihm die Medaille um den Hals. Das Kind hat überlebt und wohnt heute in Amerika. Ibrahim hat die Medaille für sich behalten und sie von einem Kind zum anderen weitergegeben. Alle sind gesund und wohlauf.“

 

7) Dein Sohn lebt! (Joh 4,50)

     „Gerges Boutros, der später verstorbene Maultiertreiber des Klosters, erzählte mir, Père Youssef Ehmej, sein Cousin Youssef Antoun Jibraël aus Kfar Baal habe  wegen Fiebers zwanzig Tage lang das Bett hüten müssen und habe schließlich sein Bewusstsein verloren. Der oben erwähnte Boutros ging eilends zu Père Charbel und bat ihn um Weihwasser und um das Gebet für den Kranken. Bevor er mit dem Einsiedler sprach, fand er ihn an der Türe. Dieser sagte zu ihm: „Sobald du nach Hause kommst, wirst du deinen kranken Verwandten gesund wieder finden. Er hat sein Bewusstsein wiedererlangt und sitzt in seinem Bett.“ Dem war dann tatsächlich so. Der Maultiertreiber war höchst erstaunt darüber, wie Père Charbel hat wissen können, dass er wegen der Heilung des Kranken zu ihm gekommen war.“

 

8) Dein Sohn ist wohlauf!

     „Ich, Père Élias Ehmej, erinnere mich an ein Ereignis, das ich mit eigenen Augen gesehen habe: Maron Abi Ramia aus Tourzaya kam zu Père Charbel in die Einsiedelei, um ihn um Weihwasser und um das Gebet für seinen schwerkranken und bewusstlosen Sohn zu bitten. Als er den Einsiedler erblickte, ging dieser weiter. Als Père Charbel ihn aber so eilig hastend, niedergeschlagen und in Sorge sah, hatte er Mitleid mit ihm und sagte ihm: „Ruf ihn und sag ihm, er könne langsam aufbrechen, sein Sohn sei wohlauf.“ Als der Mann nach Haus kam, fand er seinen Sohn bei bester Gesundheit, nachdem der behandelnde Arzt Wakim Beik aus Jbeil schon jede Hoffnung auf Heilung aufgegeben hatte.“

 

 

 

9) Eine unfruchtbare Frau bekommt ein Kind. (Mk 7,24-30)

     „Drei Monate vor dem Tod von Père Charbel ging ich, Nehmeh Mdawar, in der Hoffnung zur Einsiedelei von Annaya, dass meine Frau auf die Fürbitte von Père Charbel hin schwanger würde. Bevor ich nach Hause zurückkehrte, händigte Père Makarios mir ein Segensgebet des Einsiedlers aus. Vier Monate später war meine Frau schwanger. Sie brachte ein Mädchen zur Welt, dann noch drei, schließlich einen Knaben.“

 

10) Die Heilung einer Tochter von Ouwaïni (Mk 7,24-30)

     „Als ich, Saba Ouwaini, mich von den Diensten bei Père Élias zurückgezogen hatte, wandte ich mich weltlichen Angelegenheiten zu. Meine Frau brachte eine Tochter zur Welt, litt aber an Komplikationen an der Galle, so dass sie nicht stillen konnte. Als Père Charbel sein Gebet über sie sprach, wurde sie gesund und konnte ihr Kind stillen.“

 

11) Wer hat mich berührt? (Mk 5,30)

     „Ich, Pfarrer Jibraël Jibraël, erinnere mich an die inzwischen verstorbene Marianne, Witwe von Mikhaël Nehme aus Ehmej, die mehr als drei Monate lang an schweren Blutungen litt. Die Ärzte Najib Beik Al-Khoury aus Ehmej, Wakim Nakhlé aus Jbeil und Gergi Baz aus Jbeil haben sie behandelt. Sie gab mir einen türkischen Rial mit der Bitte, zu Père Charbel zu gehen, ihm das Geld zu geben und einen von ihm gesegneten Gürtel mitzubringen. Er gab mir einen Schal, der auf das Bildnis Unserer lieben Frau vom Rosenkranz gelegt worden war, und sagte mir, sie solle sich damit gürten und sie werde gesund werden. Was den Rial angeht, so hat er ihn nicht angenommen. Vielmehr hat er  gesagt: „Leg ihn auf den Altar und warte, bis Père Makarios ihn wegnimmt!“ So wartete ich auf die Rückkehr des genannten Paters und gab ihm das Geld. Die Frau legte sich den Schal als Gürtel um und war auf der Stelle geheilt.“

 

12) Sein ältester Bruder

     „Ich, Wardeh Makhlouf, habe den Onkel meiner Mutter väterlicherseits, Père Charbel, nicht persönlich gekannt; denn er kam, seitdem er Mönch und dann Einsiedler geworden war, nicht ins Dorf. Ich selbst bin nie bei ihm gewesen. Aber mein Großvater Hanna Zaarour, Bruder des Einsiedlers, nahm mich als Waisenkind bei sich auf, um sich meiner anzunehmen. So habe ich von Père Charbel gehört. Zur Karnevalszeit erinnerte sich mein Großvater an ihn und sagte unter Tränen: „Wir essen Fleisch, aber mein armer Bruder isst nie welches.“ Im Sommer wiederholte er tief gerührt: „Wir essen Trauben, während mein Bruder als Verantwortlicher für den Weinberg, die Trauben dort in große Behälter füllt, ohne davon zu essen.“ Auch sagte er uns: „Im Kloster lebte er ein armseliges Leben. Er aß von den Speiseresten der Mönche und Brotkrumen.“ Manchmal besuchte ihn mein Großvater und brachte ihm Geld für Seelenmessen für Vater und Mutter. Dann gab er zur Antwort, ohne das Geld zu berühren: „Mein Bruder, gib das Geld dem Oberen!“ 

Iid Nakad fügte hinzu: „Mein Großvater Hanna dachte immer an seinen Bruder Père Charbel. Einmal nahmen wir Platz, um Fleisch zu essen. Als er das Gericht sah, begann er zu weinen und sagte: „Wie kann ich Fleisch essen, während der Mönch davon nicht einmal kostet?“ Nach diesen Worten weigerte er sich, einen einzigen Bissen davon zu sich zu nehmen. Als er alt war, weinte er wiederholt und sagte: „Ich kann leider nicht mehr zu meinem Bruder Père Charbel gehen.“ Er erzählte weiterhin, dass sein Großvater Hanna, auf dem Sterbebett liegend im Blick auf seine Verwandten, die um ihn versammelt waren, sagte: „Ich bin krank und werde sterben. Es tröstet mich, euch alle an meiner Seite zu sehen, wenn aber der Mönch sterben wird, wer wird dann an seinem Bett stehen?“ Wir gaben ihm zur Antwort: „Der, zu dem er betet, wird seinen Beter nicht im Stich lassen.“ Am Tag Pauli Bekehrung hauchte er seinen Geist aus, elf Monate vor dem Tod von Père Charbel. Er wurde neben der Kirche Saint-Saba in Bqaakafra beigesetzt.“

 

 

 

 

 

B: Seine letzte heilige Messe

 

1) Eine plötzliche Erkrankung

     „An einem Sonntag ging ich, Qafa, Gemahlin von Ouwaïni, mit einer Gruppe zur Eucharistiefeier in die Einsiedelei Saints-Pierre-et-Paul des Klosters Saint-Maron in Annaya. Père Charbel begann, die heilige Messe zu lesen. Als er aber die Konsekrationsworte gesprochen hatte, überkam ihn eine plötzliche Schwäche. Sein Gefährte Père Makarios kam eilends herbei, nahm ihm das Messgewand ab und half ihm, sich in der Kirche niederzuknien.“ Er erholte sich und fuhr mit der heiligen Messe fort. Kaum hatte er das heiligste Altarsakrament empor gehoben, da fiel er in eine Starre. Sein Gefährte bemerkte, dass Père Charbel ungewöhnlich lange die Messe feierte, ging auf ihn zu und fand ihn von Schmerzen gezeichnet. Er nahm ihm sachte die Hostie aus der Hand, legte sie auf die Patene und setzte ihn mit Hilfe von Père Boutros, der in der Einsiedelei seinen Dienst verrichtete, auf einen Stuhl in der Nähe des Altars. Eine halbe Stunde nach der Krise beendete er das heilige Opfer, trotz seiner Krankheit.“

 

2) Gehen Sie nicht weg!

     „Am folgenden Sonntag bin ich wieder mit einigen Frauen zur heiligen Messe in die Einsiedelei gekommen. Als wir die Kirche betraten, fanden wir Père Charbel ausgestreckt am Boden liegen und ins Gebet versunken. Auf unsere Bitte hin erkundigte sich ein Mann über den Beginn der heiligen Messe, denn es war sehr kalt, und wir konnten nicht lange warten. Er sagte uns: „Gehen Sie nicht weg, Père Charbel wird die Messe bald zelebrieren.“ Kurz darauf zog der Einsiedler sein Messgewand an und begann die heilige Messe. Vor den Wandlungsworten zeigten sich erneut die gleichen Symptome. Man zog ihm das Messgewand aus und blieb in der Kirche. Wir waren schon dabei heimzukehren, als Père Makarios uns anhielt und sagte: „Gehen Sie nicht weg. Père Charbel ruht sich ein wenig von seinen Herzrhythmusstörungen aus und fährt dann mit der Messe fort. Schließlich erhob sich der Einsiedler und setzte das heilige Opfer fort.“

 

3) Wie schön doch dieses Kind ist!

     Nach den Wandlungsworten Père Charbels sah Rachelle, das Töchterchen von Youssef Saba an der Stelle der Hostie einen schönen Knaben, der zwischen den Händen des Einsiedlers emporgehoben wurde. Sie rief mit lauter Stimme und wandte sich dabei an ihre Tante mit den Worten: „Sieh doch, Tante, wie schön dieses Kind ist!“ Ihre Tante gebot ihr zu schweigen und hielt ihr mit der Hand den Mund zu, damit sie keinen Lärm mache und nicht die Einsiedler störe.

 

4) O Vater der Wahrheit!

     Als er den Kelch und die Hostie mit dem Gebet „Abo dqouchto - O Vater der Wahrheit“, emporhob, erfasste ihn ein Unwohlsein. Er verweilte einige Minuten lang, ohne sich zu bewegen und hielt den Kelch und die Hostie erhoben. Überrascht bemerkte Père Makarios, dass Père Charbel gelb im Gesicht wurde, während seine Füße in ein und derselben Position verharrten. Er legte seine Stola an und näherte sich ihm zitternd mit den Worten: „Lass den Kelch jetzt los!“ Aber die Hände von Père Charbel klammerten sich ganz heftig daran fest. Er selbst stand da, unbeweglich wie ein Felsen. Père Makarios wiederholte ein zweites Mal: „Lass den Kelch jetzt los, Père Charbel, gib mir den Leib Christi, hab keine Angst und lass ihn los!“ Père Makarios nahm Kelch und Hostie, als Père Charbel unter Mühe seine Hände wieder öffnete. Dann hieß man ihn, sich zu setzen. Père Makarios war ganz rot im Gesicht und zitterte vor Angst. Er ruhte sich etwas aus und fuhr dann mit der Eucharistiefeier fort.

 

5) Der Einsiedler zerstückelt das Kind.

    „Während er das Brot brach“, erzählt Saba Ouwaïni „schluchzte Rachelle laut auf. Ihre Tante fragte sie: „Warum hast du geweint?!“ Sie antwortete: „Siehst du nicht, dass der Einsiedler gerade dabei ist, das Kind zu zerstückeln.“ Erneut gebot die Tante ihrer Nichte zu schweigen, während Père Charbel mit der Messe fort fuhr. Danach erfasste ihn ein Frösteln, und sein Herz schlug unregelmäßig. Er rief seine Gefährten herbei, Bruder Boutros Jawad aus Mechmech und Père Makarios, der ihm das Messgewand auszog und ihn Platz nehmen hieß. Nach einer langen Ruhepause trat meine Schwägerin, Qafa, heran und fragte Père Makarios: „Kann er die heilige Messe fortsetzen?“ Er antwortete ihr: „Ich denke nicht.“ Daraufhin ging sie weg.

 

6) Er trank Christi Blut.

     Nachdem er sich zum dritten Male ausgeruht hatte, fuhr er mit der heiligen Messe in der Absicht fort, den Kelch zu nehmen und Christi Blut zu trinken. Doch die körperliche Schwäche erfasste ihn erneut. Mit aller Kraft hielt er den Kelch fest, führte ihn an seine Lippen und Zähne. So verweilte er, ohne sich zu bewegen. Kurz bevor Père Makarios ihm den Kelch wegnahm, konnte Père Charbel Christi Blut zu sich nehmen.

 

7) Ich möchte die heilige Messe lesen!

     Man nahm ihm das Messgewand ab und trug es in die Einsiedelei. Er selbst hatte das Bewusstsein  verloren, wiederholte aber immer wieder: „Oh Vater der Wahrheit! Oh Jesus, oh Maria, oh Joseph!“ Sein Gefährte legte ihn auf einen Ziegenfellteppich in der Küche, um ihn zu wärmen, nachdem es eisig kalt war, und der Schnee sich auf eine Höhe von mehr als einem Meter aufgehäuft hatte. Als man ihn zudeckte, wies er die Decke von sich. Wieder bei Bewusstsein sagte er: „Ich möchte die heilige Messe lesen. Bereite mir den Altar vor!“ Auch sagte er auf syrisch: „Lobt den Herrn des Himmels, lobt ihn in den höchsten Höhen!“ und „Herr, erbarme dich meiner!“ Diese Sätze wiederholte er unaufhörlich während der letzten sechs Tage seines Lebens.

 

 

C: Seine letzten Lebenstage

 

1) Ein Stück Brot in Wasser getaucht

     „Ich, Frère Francis Qartaba, wurde von seinem letzten Schwächeanfall an bis zu seinem Tod zu seiner Pflege bestellt. Nur mit Nachdruck meinerseits aß er einen Bissen Brot, das in Wasser getaucht war und etwas Gemüsesuppe, während er sich entschieden weigerte, Milch, Joghurt und Fleisch zu sich nehmen. Weder Kapuze noch Habit noch Zilizium noch Bussgürtel wurden abgelegt. Er ruhte gefasst auf einem Teppich aus Ziegenfell, ohne zu klagen oder erregt zu sein. Man hörte nur immer wieder: „Oh…Oh…Oh Gott“ und er stammelte Worte, die ich nicht verstand. Als ich bemerkte, dass er ein körperliches Bedürfnis hatte, holte ich den Nachttopf. Darum bemüht, ihm den Habit zu heben, wurde er unwillig und sagte mit lauter Stimme, wobei er mit seiner rechten noch sauberen Hand abwinkte und sagte: „Nein…Nein…Nein!“ Ich gab ihm zur Antwort: „Ich bin dein Bruder, hab keine Angst!“ So schwieg er und ließ mich gewähren.“

 

2) Er segnete mit seiner Hand

     Schweigend und friedfertig segnete er alle, die zu ihm eintraten und ihn um sein Gebet baten, mit seiner Hand. Man vernahm von ihm weder Klage noch Erregung. So ertrug er seine Krankheit mit erstaunlicher Geduld. Er ertrug sogar die schrecklichsten Leiden völlig gefasst, indem er sich unter Anrufung der Heiligen Petrus und Paulus, den Patronen der Kirche und der Einsiedelei, ganz in den Willen Gottes fügte, bis die Krankheit ihren Höhepunkt erreicht hatte, und er sein Bewusstsein verlor.

 

3) Simon von Zyrene (Lk 23,26)

     „Als man mich, Saba Ouwaïni, rief, ihn zu besuchen und medizinisch zu betreuen, verlor er zuweilen das Bewusstsein. Ich merkte, dass er Rufe von sich gab wie: „Jesus, Maria und Joseph!“ In seinen letzten Stunden war ich in Begleitung von Abbé Abi Ramia, den ich hatte rufen lassen, um ihm geistlich beizustehen und um seinen Segen einzuholen. So blieben wir die meiste Zeit in der Nacht vom 24. Dezember 1898 an seinem Sterbebett. Am Morgen dann kam ich mit Saba zu ihm zurück.“

 

4) Seine leidenschaftliche Liebe

     In seiner leidenschaftlichen Liebe zu Gott wiederholte er den ganzen Tag über, den ich bei ihm verbrachte, die Worte: „Oh Vater der Wahrheit, Jesus, Maria und heiliger Petrus!“ und sprach auch mehrmals das ganze Gebet des heiligen Jakob oder zumindest den größten Teil davon. „Ich, Michel Ramia, las ihm mehrmals das Gebet im Todeskampf vor und sprach die Absolution über ihn, da ich glaubte, er sei im Dahinscheiden.“

 

5) Wein mit Myrrhe vermischt (Mk 15,23)

     In den Eremitenregeln kann man lesen: „Wenn die Krankheit des Einsiedlers anhält, möge man ihn ins Kloster verlegen. Er möge kein Fleisch mehr zu sich nehmen und den Tod annehmen, wie ein echter Eremit.“ Seine Krankheit wurde schlimmer. Man rief den Arzt Najib Al-Khoury, der anwies, man solle ihm eine fetthaltige Suppe zubereiten, um seinen körperlichen Verfall aufzuhalten. Als er den Geruch wahrnahm, brummelte er, wurde unruhig und weigerte sich, die Suppe zu essen. Als man ihm zu verstehen gab, es geschehe auf Weisung des Oberen Père Antonios aus Mechmech, gehorchte er und nahm etwas davon zu sich.

 

6) Sie las ihm aus den geistlichen Büchern vor.

     Er bat dann darum, ihm seinen Gefährten Père Makarios zu schicken. Ihn bat er um die letzte Beichte. Er erhielt die Sterbesakramente voller Andacht und mit äußerster Sammlung aus den Händen seines Gefährten und des Abbé Mikhaël Abi Ramia, die sich den Dienst am Krankenbett teilten und ihm aus den geistlichen Büchern vorlasen. „Wenn der Einsiedler krank ist, wende sich sein Bruder mit Worten des Trostes an ihn, um seine Not zu lindern. Sein Wort möge die Heilung seines seelischen Leids fördern und Gottes Liebe in ihm wecken.“ So steht es im Kanon 5 der Eremitenregeln.

 

7) Der letzte Segen

     „Als ihn der Todeskampf überkam, ging ich, Frère Boutros Jawad Mechmech zur Einsiedelei hinauf. Dort sah ich ihn mitten unter Mönchen und Laien auf einer Strohmatte liegend. Wiederholt  hörte man ihn beten: „Oh Jesus, oh Maria!“ Aber schon artikulierte er nur sehr mühsam seine Worte und sprach die beiden Namen nur stockend aus. Ich setzte mich neben ihn.“ Frère Boutros bat ihn um den Segen. Er hob die Hand, um zu segnen, schaute ihn dann mit erhobener Hand an, führte das Kreuzzeichen aber nicht ganz aus. Deshalb bat ihn der Bruder noch einmal darum. Père Charbel zögerte aber drei Minuten lang, bevor er seiner Bitte nachkam. Er schaute ihn unaufhörlich an und legte seine Hand auf seinen Kopf, ein Zeichen, dessen Bedeutung niemand von uns verstanden hat. „Ich, Mikhaël Ramia, hatte den Eindruck, als deute er auf die Kapuze des Bruders Boutros, die etwas nach oben gezogen war, so dass die Enden seiner blonden Haare sichtbar wurden. Ich flüsterte in sein Ohr, er solle seine Kapuze korrekt herunterzuziehen, um sein Kopfhaar, wie es sich geziemt, zu verbergen. Da zog er sie bis zu den Augen herunter, woraufhin er lächelte und ihn segnete. Sie waren alle über diese Geste erstaunt; denn es gefiel ihm offenkundig nicht, dass ein Mönch auch nur ein bisschen seine Kapuze hob.“ Nachdem Frère Boutros Jawad direkt neben ihm war, legte er unbewusst seine Hand auf ihn. Als er wieder zu sich kam, zuckte er zurück, als ob ihn eine Schlange gebissen hätte.“

 

8) Durch das viele Weinen verlor er das Bewusstsein.

     „Père Charbel lag auf dem Sterbebett. Ich, Saba Ouwaïni, rief weinend Père Makarios zu: „Heb deine Hand und gib ihm die Absolution!“ Er vermochte es nicht, weil er so sehr weinte. Er ging schluchzend hinaus. Da er sich dem Sterbenden nicht mehr nähern wollte, fiel er durch das heftige Weinen in Ohnmacht und konnte seinen priesterlichen Dienst nicht mehr vollziehen. Ich, Pfarrer Mikhaël Ramia, trat an seine Stelle, wie es die Pflicht gegenüber einem Sterbenden gebietet. Ich freue mich über dieses außerordentliche Glück, diesem Sterbenden in seiner Todesstunde beigestanden zu haben. Nichtswürdiger Mensch, der ich bin, habe ich ihm die letzte Absolution erteilt.“

 

9) In deine Hände empfehle ich meinen Geist.

     In der letzten Stunde seines Todeskampfes waren anwesend: Abbé Mikhaël Abi Ramia, der stellvertretende Leiter Père Maron aus Mechmech und Saba Tannous Moussa. Père Maron fragte ihn: „Soll ich den Arzt aus Jbeil rufen?“ Er schüttelte seinen Kopf. Dann öffnete er seinen Mund und schloss ihn wieder, neigte sein Haupt und übergab dem Herrn in Ruhe und Frieden seine Seele. Dabei sagte er: „Herr, in Deine Hände empfehle ich meinen Geist.“ Er starb tugendhaft und ehrenwert nach einem Leben voller Güte, nachdem er sechs Tag lang mit dem Tod gerungen hatte.

 

10) Eine halbseitige Lähmung

     „Meines Wissens nach“, so Saba Ouwaïni, „starb er an den Folgen einer halbseitigen Lähmung, zur gleichen Zeit wie der Patriarch Youhanna Al-Hajj, und zwar am 24. Dezember, dem Vigiltag von Weihnachten im Alter von etwa 65 Jahren. Nach seinem Tod, betete ich zusammen mit Abbé Mikhaël, Père Makarios und Père Boutros, seinem Begleiter in der Einsiedelei, die Marianische Litanei. Zuvor hatten wir einen Boten ins Kloster geschickt, der den Mönchen dort Charbels Tod mitteilen sollte. Ich kehrte dann in Begleitung von Abbé Mikhaël nach Hause zurück.“

 

11) Das Gutachten des Arztes Antoine Issa

     Im Brief des Arztes findet sich die Bemerkung: „Der heilige Charbel hatte unter einem stechenden Schmerz im Bauchraum, der von einer Nierenkolik herrührte und sein Übergeben verursachte hatte, gelitten. Der Heilige hatte zudem viel auf dem Feld gearbeitet, ohne tagsüber hinreichend zu trinken, was Gries im Urin und die folgende Nierenkolik verursacht hatte. Ohne medizinische Betreuung wird der Körper in eine Hochspannung versetzt, die Kopfschmerzen und oft eine Gehirnblutung zur Folge hat.“

 

D: Dem Grab entgegen

 

1) Sie haben sich mein Gewand geteilt. (Joh 19,24)

    Als ein Bruder Charbels Kleidungsstücke wechseln wollte, hatte Père Mikhaël aus Mechmech Bedenken und sagte: „Mein Bruder, stell das bis zum Eintreffen des Oberen zurück, damit man nicht sagen kann: Die ihm seine Kleider wechselten, haben seine Habseligkeiten zu sich genommen.“ Der Bruder hatte darauf geantwortet: „Er ist doch ein Einsiedler, was kann er schon besitzen?“ Man nahm ihm also den Habit ab und sah darunter das Zilizium, das aus einem Ziegenfell bestand, seine Hände und seine Brust bedeckte und bis zu den Schenkeln hinunterreichte, vom Ellbogen bis zu den Handgelenken. Er hatte ein Verlängerungsteil aus einem alten Habit angenäht, um das Zilizium vor fremden Blicken zu verbergen. Dieses Zilizium klebte an seiner Haut. Es ließ sich nur stellenweise abnehmen und zerriss, nachdem es lange auf seiner schwitzenden Haut festgeklebt war. Frère Boutros Jawad aus Mechmech bemerkt dazu: „Soweit ich weiß, hat er es Zeit seines Lebens nie abgelegt. Später dann hat es Père Makarios zu sich genommen und dann Bruder Boutros Jawad aus Mechmech überlassen.“ „Wir konnten feststellen,“ so Frère Francis Qartaba, „dass seine Kapuze, die er auch während seiner Krankheit nicht abgelegt hatte, an seinem Hals mit einem Ziegenwollfaden festgebunden war; denn ihre Verlängerung, bestehend aus einem weißen Stoff, der vom Rücken bis zur Befestigung am Kopf reichte, gab es nicht mehr: Sie war vom feuchten Wetter und durch das Schwitzen abgenutzt worden. Er hatte sie durch ein anderes gefüttertes Stück, das von einem unbrauchbar gewordenen Habit stammte, ersetzt. Es erschien uns fest und schwer. So haben wir gesagt: „Es enthält bestimmt das Geld des Einsiedlers!“ Wir haben es abgetrennt und fanden Kieselsteine darin, die durch ihr Gewicht die Kapuze fest auf dem Kopfe hielten, ihm aber Rückenschmerzen vor allem beim Schlafen bereiten mussten oder wenn er Bewegungen machte. Wir waren zutiefst gerührt, als wir das sahen.“ Sein Körper war gebrechlich und trug eine Narbe, die vom Eisengürtel um seine Hüften stammte. Diese war drei Finger breit. Bruder Boutros Jawad aus Mechmech löste eine Kette von seinem Hals, die ein Kreuz und ein Medaillon trug.

 

2) Die letzte Nacht

     „Man schloss ihm die Augen und den Mund und legte seine Hände mit einem Kreuz, seinem Lebens-und Kampfesgefährten versehen, auf die Brust. Wiederholt sagte man: „Der Heilige ist nun tot. Glück und Heil über ihm! Gott möge auch uns ein solches Sterben schenken! Er schenke uns auf seine Fürbitte hin Sein Erbarmen.“ Sein Leichnam wurde in die Kirche der Einsiedelei gebracht und dort auf einen Ziegenfellteppich vor den Altar gelegt. Das Gesicht zeigte nach Westen mit Blickrichtung zum Volk. So verbrachte Père Charbel die Weihnachtsnacht des Jahres 1898 in der Kirche, wie er es zur Anbetung immer getan hatte. Der einzige Unterschied war nur, dass er in dieser Nacht im Todesschlaf lag, während seine Seele in der Ewigkeit bereits Wache hielt. Über seinen Leichnam wachten: Sein Gefährte Père Makarios, Bruder Boutros Jawad aus Mechmech, Bruder Francis aus Qartaba und eine Gruppe von Mönchen aus dem Kloster Saint-Maron, die zur Kirche der Einsiedelei geeilt waren, um seine Hände zu küssen und einen Teil der Nacht kniend und betend neben ihm zu verbringen. Unter ihnen war auch Père Boutros Damien aus Mechmech, der die Mönche des Klosters begleitete. Diejenigen, die Nachtwachen hielten, sagten sich: „Wie sehr setzt uns schon diese eine schreckliche Winternacht körperlich zu. Wie hat er es nur 23 Jahre lang in dieser Einsiedelei aushalten können? Selig sei er! Jetzt steht er vor Gott und wird für sein fortwährendes erstaunliches Martyrium belohnt.“

 

3) Weihnachten 1898

     Der Schnee hatte die Höhe von einem Meter erreicht, an einigen Orten auch eineinhalb Meter, so dass er die Straßen blockierte. Die Mönche sagten sich in ihrer Ratlosigkeit: „Werden wir morgen überhaupt den Leichnam ins Grab im Kloster überführen können. Es ist so kalt, und der Schnee so dicht. Werden wir die Todesanzeigen in der Umgebung verteilen können?“

„Und den Engeln Gottes gleich, die in dieser Nacht die Geburt des Retters der Welt den Hirten von Bethlehem verkündigt hatten, verkündeten sie selbst in den nahe gelegenen Dörfern von Annaya, dass Père Charbel jetzt im Himmel sei. Die Mönche des Klosters Saint-Maron, die Bauern, die Dorfbewohner der nahe gelegenen Ortschaften, sie alle waren bei fallendem Morgenschnee darüber informiert worden. Sie glaubten, sie würden die Einsiedelei nicht erreichen, um an der Überführung des Leichnams von Père Charbel ins Kloster Saint-Maron teilzunehmen, so dass die in der Einsiedelei gerade Anwesenden Père Charbel möglicherweise im Hof der Kirche begraben müssten. Einige Bauern zogen sich ihre Winterkleidung an, umwickelten ihre Köpfe mit Turbanen, die nur die Augen herausschauen ließen und zogen kniehohe Stiefel an. Mit Schaufeln in der Hand legten sie den Weg frei und waren dabei mutig wie nie zuvor, um die Einsiedelei zu erreichen und ihren Heiligen ins Kloster zu übertragen. Um acht Uhr kam eine Gruppe von Jugendlichen im Kloster zusammen. Um neun Uhr suchte und fand man eine Trage aus Ziegenfell. Der Leichnam Père Charbels sollte auf diesem Stoff überführt werden. Der Einsiedler Père Makarios kam dann weinend mit seinen Mitbrüdern und Mönchen herbei. Sie trugen den Leichnam und legten ihn auf die Trage. Mit den Jugendlichen hoben sie ihn auf ihre Schultern. „Auch ich“, so Boutros Daher, „trug ihn zusammen mit anderen. Mein Onkel Chehadé half ebenfalls, die Tragbahre zu tragen.“ Und Gerges Sassine ergänzt: „Ich war unter denen, die den Leichnam bis zum Kloster getragen haben.“ Jeder war bereit, den Leichnam von der Einsiedelei zum Kloster Saint-Maron auf einem holprigen Weg, den die Jugendlichen vom Schnee befreit hatten, hinunter zu tragen. Indessen schneite es weiterhin, so dass sie Gefahr liefen, anhalten zu müssen. Alle fürchteten ein mögliches Kippen der Tragbahre, so schwierig war der Weg an Ort und Stelle wegen des Schnees. Der Einsiedler Père Makarios sagte: „Habt Gottvertrauen und keine Angst, Père Charbel wird uns den Weg schon erleichtern.“

 

4) Überführung des Leichnams ins Kloster

     Père Boutros Damien Mechmech erinnert sich: „Wir trugen ihn aus der Einsiedelei hinaus, die Wolken lichteten sich, und die Sonne zeigte sich vor uns, während es hinter uns weiterhin schneite.“ Der Trauerzug kam jetzt mühelos und ohne Schwierigkeiten voran, als sei der Weg mit Teppichen bedeckt. Alle sagten sich: „Das ist eines der Wunder von Père Charbel!“ Sein Gesicht sah ganz natürlich aus. „Als wir am Kloster ankamen, führten wir ihn in einem Sarg in die Kirche (so Père Francis Sibrini), wie es bei den Mönchen üblich ist. Der Obere war nicht dabei.“

 

5) Die Begräbnisfeier

    Um neun Uhr früh fand die Begräbnisfeier im Kloster statt, an der wegen des Schnees nur die Mönche und Bauern teilnahmen. Darüber hinaus erfasste die Trauer auch die Schiiten von Hjoula und die dortige Umgebung. Sie kamen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen und um seinen Segen zu erflehen. Sie knieten sich vor ihm nieder, küssten seine Hände, nahmen sich in ihre Häuser als Segen ein Stück von seinem Habit und Haare von seinem Bart mit. Die Begräbnisfeier war schlicht, aber anrührend. Die Anwesenden wiederholten die Worte aus der Heiligen Schrift: „Gott findet Gefallen am Tod seiner Gerechten.“ Man sprach dabei aber kein Totengebet, gerade so, als habe Père Charbel beabsichtigt, schweigend zu sterben, um so seinem in aller Demut vollendeten Leben Ausdruck zu verleihen.

 

6) Der Friedhof

    Er liegt im Osten der Kirche, ist sechs Meter lang und drei Meter breit und erstreckt sich in der Länge von Nord nach Süd, in der Breite von West nach Ost. Seine Westmauer grenzt an die Kirche. Ihre Höhe beträgt 130 cm auf der Südseite neben der Kirchenmauer und einen Meter bis 70 cm am östlichen Winkel. Sie senkt sich nach Norden hin. Die Mauer auf der Nordseite erreicht 60 cm, das Dach ist mit Erde bedeckt. Der Friedhof teilt sich in zwei Gräberreihen, die von einer von Ost nach West verlaufenden Steinmauer abgetrennt sind. Durch zwei Tore auf der Ostseite, die im Erdboden verankert sind, hat man Zutritt. Père Charbel wurde im südlich gelegenen Grab bestattet.

 

7) Das Begräbnis

     Einige Mönche wollten ihn an einem besonderen nur für ihn vorgesehenen Ort bestatten; denn der Friedhof der Mönche versank im Regenwasser. Sie hielten es für würdig und angemessen, ihn in einem Privatgrab zu bestatten, denn man hielt ihn für einen Heiligen. So bestanden sie darauf, ihn in einen Sarg zu legen, damit seine Gebeine als Reliquie erhalten blieben. Was die anderen Mönche angeht, unter anderem den stellvertretenden Oberen, so legten sie Wert darauf, ihn im Friedhof der Mönche zu bestatten, waren sie sich doch bewusst, dass der Vorschlag der ersten Partei die Regel verletzte. So stützte der stellvertretende Obere seinen Vorschlag mit den Worten: „Wenn er wirklich ein Heiliger ist, so wird er seinen Leib auch unversehrt erhalten können.“

Gerges Sassine erinnert sich: „Wir gingen also die zwei Friedhofsstufen hinunter und terrassierten den Weg vor dem Tor; denn der Boden außerhalb des Tores fiel steil nach unten.“ Die große Platte, die es verschloss, fehlte. An den Ecken fand sich kein Wasser. Um ins Innere zu gelangen, musste man durch Schmutz und Wasser gehen, durchs Dach tropfte es, und Wasser drang von allen Seiten ein. Die Erddecke war hier ganz niedrig, verglichen mit dem umgebenden Erdboden, und die meiste Zeit während des Jahres war sie von Wasser und Schmutz vollgesogen. Während der Vorbereitungsarbei-ten trat man nach und nach ein. Das Innere des Grabes war zu einem Viertel mit Erde aufgeschüttet, auf der weder Gebeine noch Schädel lagen. Man hatte sie, zerfallen wie sie waren, in eine Ecke des Grabes gelegt. Für Père Charbel brachte man Steine herbei, auf die man zwei Bretter legte, die man mit einem Ziegenfellteppich bedeckt hatte. Man tat dies angesichts der hohen geistlichen Wert-schätzung, die er in den Herzen aller gefunden hatte und auch wegen der Gefahr, dass der Leichnam im Erdboden und im Wasser versinke.

Man bestattete also den mit einem Habit bekleideten Leichnam, wie es bei den Mönchen üblich ist, ohne je daran zu denken, dass er nicht verfallen könnte. Sein Mund war mit einem um den Kopf gebundenen Schal verschlossen. Ein Laie nahm ihn weg, so dass sich sein Mund erneut öffnete. Wir sagten uns: „Staub sind wir und zu Staub kehren wir zurück.“ Alle, die beim Begräbnis dabei waren, sagten: „Ein wahrhaft Seliger ist von uns gegangen. Er ist jetzt ein Heiliger im Himmel.“

 

8) Wir haben die Schaufel vergessen!

    „Nachdem wir das Tor mit einer großen Platte verschlossen und zudem noch mit Erde und Schnee aufgeschüttet hatten, sagte jemand: „Schade, wir haben die Schaufel im Grab vergessen.“ Darauf sagte ein Laie: „Das macht gar nichts. Père Charbel war es gewohnt, am Ende des Arbeitstages Schaufeln, Hacken und Pflug, die seine Helfer ihm auf dem Feld gelassen hatten, ins Kloster zurückzubringen.“

 

9) Das Gebet für den Toten und die gebotenen heiligen Messen und Rosenkränze

     In den Konstitutionen steht geschrieben: „Wenn ein Mönch im Kloster stirbt, möge sein Oberer dem Generaloberen und den anderen Oberen der Klöster schreiben, um sie über den Tod unverzüglich in Kenntnis zu setzen, damit man die heiligen Messen lese und die Totengebete sprechen könne, so wie es empfohlen und üblich ist. Im Kloster, in dem der Leichnam ruht, soll man für die Seelenruhe beten, man soll die Begräbnisworte sprechen und das Hochamt lesen. Jeder Mönch möge drei Messen lesen, der Konversenbruder drei Rosenkränze beten. Das Hochamt soll als Requiem gestaltet sein, und man möge jährlich an den Toten erinnern. In den anderen Klöstern lese jeder Mönch eine heilige Messe für die Seelenruhe, der Konversenbruder bete einen Rosenkranz.“

„Der Obere des Klosters von Houb beauftragte mich, Père Youssef Andari, eine heilige Messe für die Seelenruhe von Père Charbel zu lesen.“ Der Obere des Klosters von Jdaidé tat in Anwendung der Regel ebenso. In anderen Klöstern schrieb man zehn Messen für die Seelenruhe von Père Charbel aus Bqaakafra vor.

 

10) Er weinte bitterlich.

   Père Makarios hat ihn aus tiefster Seele beweint. Denn nach seinem Weggang hat er einen sanftmütigen Vater, einen Bruder, einen mitfühlenden Gefährten und einen gehorsamen Diener verloren. In seiner Nähe konnte er sich seiner Vertrautheit erfreuen, fern von ihm, war er einsam. Er war zutiefst traurig über die Abwesenheit dieses himmlischen Engels und bewahrte ihn in seiner Erinnerung, wobei sich seine Sehnsucht nach ihm noch steigerte. In seinem Leid und in seiner Trauer sah er ihn im Traum, wie er als Seliger im Himmel lebt. Dieser ehrenwerte Pater Makarios, sagte: „Ich bin jetzt nicht mehr würdig, in dieser Einsiedelei zu leben, in der dieser Heilige, Père Charbel, gelebt hat.“ Iid erzählte: „Ich habe meine Mutter bitterlich weinen sehen." Nach dem Grund befragt antwortete sie: „Mein Onkel, Père Charbel, verstarb während der weihnachtlichen Fastenzeit bei Kälte und Schnee.“ „Wie groß war meine Trauer, als man mir, Al-Tannouri, seine Todesanzeige überbrachte. Ich habe lange und heftig geweint.“

 

11) Selig seid Ihr, Père Charbel!

     „Ich, Abbé Jean Andari, erinnere mich noch gut daran, dass beim Eintreffen der Todesanzeige von Père Charbel bei Père Nehemtallah Al-Quaddoum Al-Kafri, dem stellvertretenden Generaloberen, berühmt für sein Wissen und seine Tugenden und oft Gast im Kloster von Kfifane, er in meiner Anwesenheit zum Oberen des Klosters und zum Rektor der Schule sagte: „Selig seid Ihr, Père Charbel! Du konntest den Himmel gewinnen.“

 

 

E: Das Licht der Auferstehung

 

1) Das wundersame Licht

     Gerges Sassine erzählt: „Schon in der ersten Nacht seines Begräbnisses begannen wir, von unseren dem Kloster gegenüberliegenden Häusern aus, zehn Minuten Fußweges entfernt in südlicher Richtung, ein helles Licht zu sehen, das sich vom gewöhnlichen Licht unterschied und eher einem elektrischen Licht ähnelte. Es schien auf und verschwand wieder immer im selben Rhythmus, solange man hinschaute. Anfangs sagten einige, es rühre von Gewittern her. In diesem Licht sah man besser als tagsüber die Kuppel und die Ostmauer der Kirche, die an den Friedhof angrenzte. Wir gingen ins Kloster und berichteten den Mönchen von diesem Phänomen. Sie aber glaubten uns nicht.“ Niemand wollte den Erzählungen der Bauern irgendeine Bedeutung beimessen. Sie informierten den Oberen. Dieser aber zeigte sich skeptisch und sagte ihnen: „Wenn ihr das Licht seht, möge jemand kommen und mich benachrichtigen, oder aber ihr gebt mir ein Zeichen.“ Dieses Signal solle ein Gewehrschuss sein. Jedes Mal verließ dann der Obere Père Antonios aus Mechmech mit seinen Mönchen das Kloster, aber nur wenige sahen etwas. Da ging der Obere wieder in das Haus zurück, das der Südseite gegenüber liegt und sah das Licht ganz deutlich, zusammen mit den Bauern Tannous Chehadé, Élias Abi Sleiman und Mghamès aus Kfoun.

Andere Zeugen berichteten: „Jedes Mal wenn wir bei unseren Freunden in ihrem Haus gegenüber dem Friedhof Wache hielten, sahen wir dieses wunderbare Licht. Ein anderer bestätigte, dass alle, die den Vorabend dort verbracht hatten, das Licht gesehen hatten.“ Ein dritter Zeuge sagte: „Auch ich habe es gesehen.“ Solche Aussagen wiederholten sich in den Zeugnissen der Bauern, die bestätigten, dass dieses Phänomen sich eineinhalb Monate lang jede Nacht ereignet habe. Sie beschrieben das Licht anfangs als gewöhnliches Licht, dann aber wurde es größer und nahm an Umfang mit steigender Höhe zu. Einmal hat es sich auch auf die nähere Umgebung ausgedehnt: Die Bewohner von Mechmech, von Ehmej, Kfarbaal, von den schiitischen Dörfern wie Héjoula, Ras Osta, Mazraat Al-Ain und andere sind in großer Zahl gekommen, um das Licht zu sehen. Sie sahen es und bestätigten den Mönchen die Vision. Rajah aus Mechmech hat dieses Licht gesehen, weil sein Haus auf einer Anhöhe mit Blickrichtung auf das Kloster Saint-Maron von Annaya liegt.

 

2) Das Diarium von Annaya

     Der Obere war während der Erkrankung und während des Todes von Père Charbel nicht anwesend. Er kam erst eine Woche später zurück. Er kniete sich auf der Südseite des Friedhofs in den Schmutz und begann zu beten. Hinter ihm beteten die Mönche ebenfalls auf den Knien. Als er sich wieder erhob, sagte er: „Mit dem Verlust von Père Charbel haben wir den Blitzableiter unseres Ordens, der Gemeinschaft und des Libanon verloren, einen, der die Blitze von uns fern hielt.“ Er nahm das Diarium des Klosters und schrieb folgendes hinein: „Am 24. Dezember 1898 verstarb der Einsiedler Père Charbel aus Bqaakafra nach einer halbseitigen Lähmung, versehen mit den heiligen Sterbesakramenten. Er wurde im Alter von 68 Jahren im Friedhof des Klosters zu der Zeit, als Père Antonios aus Mechmech Oberer war, begraben. Sein Wirken nach seinem Tod wird hinreichend Zeugnis von seinem aufrechten Lebenswandel, insbesondere vom genauen Befolgen der Regel geben. Man wird sagen können: „Sein Gehorsam war der eines Engels und nicht der eines Menschen.“

 

3) Einige Mönche haben es nicht gesehen.

     Père Ighnatios aus Mechmech erklärte: „Ich habe nichts gesehen, aber ich habe gehört, einige Bauern hätten nach seinem Tod ein Licht über dem Grab wahrgenommen.“ Père Nehemtallah aus Mechmech sagte: „Ich habe es nicht mit eigenen Augen gesehen, aber ich habe von den mit dem Kloster verbundenen Bauern, deren Häuser sich dem Kloster gegenüber befinden, gehört, sie hätten mehrmals ein helles Licht über dem Grab gesehen.“ Père Élias aus Ehmej gab die Information vom Hörensagen der Bauern und der Nachbarn wieder, sie hätten mehrmals ein Licht über dem Friedhof gesehen. Bruder Jawad Boutros aus Mechmech berichtete: „Von den Bauern und den Bewohnern der dem Kloster gegenüber liegenden Bauernhöfe habe ich vernommen, dass sich während der Nacht helle Flammen, die aus dem Friedhof emporstiegen, gezeigt hätten. Ich persönlich habe nichts gesehen.“ Père Antonios Alwan aus Aïto erzählte: „Unmittelbar nach dem Begräbnis begannen die Bauern ein helles Licht über dem Grab zu sehen und informierten die Mönche darüber. Diese Berichte über das Lichtphänomen häuften sich.“ Père Youssef aus Ehmej gab an: „Man hat mir mehrmals berichtet, dass man über dem Friedhof ein Licht gesehen habe. Zeugen dafür sind die Bauern, Mönche und Schiiten. Frère Pierre aus Maïfouq stellte klar: „Père Charbel wurde aus dem Grab weggenommen, über dem dieses Licht sich zeigte, ein Licht, das eine beachtliche Anzahl der Bauern und andere wahrgenommen haben.“

Père Antonios Alwan berichtete: „Nach einer Zeit der Abwesenheit bin ich zurückgekehrt, um dem Kloster einen Besuch abzustatten und ich habe mich ans Grab begeben. Die Menschen strömten herbei, weil sie an seine Heiligkeit schon zu seinen Lebzeiten geglaubt hatten. Am Anfang waren es Besucher von den benachbarten Dörfern. Die sensationelle Neuigkeit vom Licht aus dem Grab verbreitete sich rasch. Die Nachbarn konnten es beobachten.“

 

4) Père Charbel hat mich geblendet.

     Eines Nachts, gegen Ende des Nachtgebetes, beauftragte der Obere Père Antonios aus Mechmech Frère Boutros aus Mechmech, er solle Trinkwasser aus einer Quelle etwas oberhalb des Friedhofs holen. Er nahm einen kleinen Wasserkrug und eine Laterne mit und ging hinaus. Er blieb mehr als 20 Minuten lang draußen, wo doch der Weg in fünf Minuten zurückgelegt werden kann. Die Mönche öffneten die östlich gelegene Salontüre, die in Richtung Quelle weist und riefen ihn. Er antwortete ganz aus der Nähe des Friedhofs: „Père Charbel ist mir wie ein Stern erschienen. Deshalb konnte ich nicht kommen. Auch ist die Lampe erloschen.“ Sie nahmen also eine brennende Lampe mit und fanden ihn fröstelnd am Friedhofstor sitzend. Seine Kleider waren verschmutzt und der Wasserkrug lag unversehrt in seinen Händen. Er erzählte ihnen, dass er beim Hinuntergehen zur Quelle eine helle, einem bunten Stern ähnelnde leuchtende Flamme gesehen habe. Sie habe ihn geblendet und zu Boden stürzen lassen.

 

 

5) Père Charbel ist ein Esel.

     Tannous Chehadé aus Ehmej, der Bauer und Rinderzüchter am Kloster war, erzählte mir, Père Francis Sibrini, von Schmerzen am Hals, an der Hüfte und an den Schultern. Vergeblich hatte man sich sieben Jahre lang um seine Heilung bemüht. Eines Tages kamen Besucher aus Qartaba ans Grab von Père Charbel, beteten dort um ihre Genesung und sprachen Tannous an. Er machte sich über sie lustig. Bruder Elias Al-Mahriny und die Bauern, die mit ihm waren, entgegneten: „Du darfst so nicht reden!“ Er erwiderte: „Ihr seid Leute mit wenig Verstand! Wann genau ist Père Charbel denn ein Heiliger geworden?“ Als die Besucher und Beter am Grab Charbels, die seine Fürbitte suchten, immer zahlreicher wurden, sagten einige zu Tannous: „Bete zum heiligen Charbel. Er wird dich heilen.“ Er gab ihnen zur Antwort: „Von diesem Schwachsinnigen soll ich meine Genesung erbitten? Ich glaube nicht an seine Heiligkeit! Ich bäte eher meine Eselin um meine Genesung, aber nicht ihn!“ Seine Frau schalt ihn daraufhin mit den Worten: „Du Gotteslästerer!“

„Nach unserer Rückkehr vom Feld reinigte ich, Tannous, den Viehstall. Da glaubte ich ein Gespenst vor mir zu sehen. Ich trat näher und sah den Einsiedler mit einer Stola um den Hals. Sein Gesicht war von Trauer gezeichnet. Zudem trug er eine Krücke in der Hand. Er sagte zu mir: „Was hast du heute über mich auf dem Feld gesagt?“ und legte dabei seine Hand auf meinen Hals. Ich antwortete bestürzt: „Nichts habe ich gesagt, ich scherzte nur, bitte, heilen Sie mich!“ Ich stemmte mich gegen ihn und schrie: „Mein Vater, ich bitte Sie!“ Daraufhin gab er mir einen Schlag mit der Krücke auf die Hüfte. Auf die Brust und die Schultern schlug er mich und sagte dabei jedes Mal: „Père Charbel ist ein Esel.“ Dann verschwand er. Ich aber war auf der Stelle geheilt. Jetzt verspüre ich keine Schmerzen mehr.“

 

6) Mahmoud Hamadeh oder Abou Sabta

     Am 8. Februar, dem Vigiltag des heiligen Maron, des Patrons des Klosters, kam der Präfekt der Region von Al-Mounaitra, Tourzayya, der Scheich Mahmoud Hamadeh, ein Schiite, der auch Abou Sebta genannt wurde, aus Aalmatt zum Kloster. Er war in Begleitung einiger Gendarmen und auf der Suche nach Verbrechern aus Héjoula. Unter den Mitgliedern der Eskorte gab es auch einen Christen. Er war leitender Sekretär und nannte sich Abdallah Mouawad. In der Annahme, dass die Verbrecher sich in den Wäldern um das Kloster verborgen hielten, hatten sie die Pferde in der Nähe des Hauses von Saba Ouwaïni angebunden und gingen während der Nacht auf das Kloster zu. In Al-Chouaab angekommen konnten sie ihr Ziel, da es regnerisch und finster war, nicht erreichen. So waren sie auf dem Rückweg ins Kloster. Bevor sie dort ankamen, erblickten sie in der Ferne ein Licht, das anfangs schwach war, dann aber wie ein Stern neben dem Klostertor im Osten der Kirche leuchtete, als ob die Ostmauer des Klosters Feuer gefangen hätte. Es leuchtete auf, stieg kreisförmig in die Höhe, um schließlich wieder zu verschwinden.

Sie glaubten, die Verbrecher hätten sich dort versteckt, und verständigten sich durch Lichtzeichen. Der Präfekt hoffte, sie im Kloster verhaften zu können. Als er kam, verschwand das Licht. Die Gendarmen hatten schon um das ganze Kloster herum Stellung bezogen. Sie eilten an den Ort, an dem das Licht aufgeschienen war und fanden nichts. So klopften sie an die Türe. „Ich, Saba Ouwaïni, antwortete ihnen: „Die Türe ist zu. Wir haben schon ein Uhr nachts und die Mönche schlafen schon. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, Gäste zu empfangen.“ Sie entgegneten: „Öffnen Sie uns! Wenn Sie uns gesehen haben, wird es keine Diskussionen mehr geben.“ Dann erklärte Saba Moussa Al-Ouwaini, man habe ihnen die Tore geöffnet, sie hätten nachgefragt und alles durchsucht, ohne jemanden außer den  Klosterbewohnern zu finden. Ein anderer fügte hinzu: „Wir hörten, wie jemand spät nachts um ein Uhr an die Klostertüre klopfte. Als wir öffneten, haben wir Abou Sebta den Schiiten und Präfekten der Region, den Scheich Mahmoud Hamadeh in Begleitung von fünf Gendarmen angetroffen. Ich und die Bauern hörten das Gespräch aus dem Zimmer des stellvertretenden Oberen. Der Präfekt sagte zu ihm: „Warum haben Sie nicht sofort geöffnet?“ Sie antworteten: „Wir schliefen.“ Er entgegnete: „Wie? Sie schliefen, während ich und meine Soldaten das Licht auf der Ostseite neben dem Portal haben aufleuchten und wieder verschwinden sehen? Das ist doch Beweis genug, dass jemand im Kloster gerade wach gewesen sein muss.“ Sie gaben zur Antwort: „Dort, wo Sie das Licht sahen, liegt der Friedhof, auf dem der Einsiedler Père Charbel begraben liegt. Die Bauern und andere haben schon einige Nächte lang ein Licht über ihm leuchten sehen. Scheich Mouhammad erwiderte: „Bei der nächst besten Gelegenheit werde ich seine Seligkeit, den Patriarchen, darüber in Kenntnis setzen. Dieses Ereignis werde ich in die Zeitung bringen. Ich habe schon vom Tod von Bischöfen und Patriarchen gehört und bin schon über viele Gräber gegangen, aber nie habe ich so etwas, das die Augen blendet, gesehen.“ Dann nahm er ein Protokoll vom Geschehen auf und schickte es an seine Seligkeit, den Patriarchen Élias Al-Howayek. Er versicherte sich noch, dass das Licht nicht von einer Lampe herrühren könne, auch nicht von einer Feuerflamme, vielmehr dass es aus dem Grab von Père Charbel hervor geströmt sei.

 

 

F: Dein Gerechter wird nicht die Verwesung schauen. (Apg 2,27)

 

1) Das aufsehenerregende Geschehen am Fest des heiligen Maron im Jahre 1898

     „Am folgenden Tag nach dem Besuch von Mahmoud Hamadeh im Kloster, stieg ich, Père Antonios Alwan, in Begleitung von Bruder Élias Al-Mahriny, Saba Al-Ouwaini und dem Maultiertreiber des Klosters zum Grab hinunter.“ Der Obere hielt sich gerade in Jbeil auf. Wir öffneten die Grabstätte. Sie war voller Wasser, das bis zum Brett reichte, das auf zwei Steine gelagert war. Darauf ruhte der Leichnam von Père Charbel. Der Erdboden war voller Schmutz. Père Charbels Leichnam war in ein Obergewand gehüllt, das durchgescheuert und vom Hals bis zu den Füßen mit Würmern bedeckt war. Père Antonios Alwan erzählt weiter: „Ich dankte Gott, der den Leib seines Dieners Père Charbel so vor dem Verfall bewahrt hatte, trotz der Würmer, die ihn bedeckten!“ Vor den Besuchern lag ein Mönch auf dem Rücken, die Hände auf der Brust gefaltet, sein Leib in gutem Zustand, aber Wassertropfen fielen auf sein Gesicht, die vom Dach über dem Grab und von der Abflussrinne der Kirche kamen, was seinen Bart in Mitleidenschaft zog. Er war zum Teil abgegangen. Seine Nase und seine Lippen waren aufgesprungen, sein rechtes Auge war etwas verblasst und im Vergleich zum anderen eingefallen. Nach Aussage von Père Boutros Damien aus Mechmech handelte es sich um eine Beschädigung des rechten Auges. Saba Al-Ouwaini nahm ein Brettchen und reinigte damit das Obergewand von den Würmern. Dann nahm ihn einer der Anwesenden an den Händen, ein anderer an den Füßen, sie schüttelten ihn und konnten so feststellen, dass sein Leib noch fest zusammenhielt. Dann legte man ihn zurück so wie er war und man verschloss die Türe mit Steinen. Der stellvertretende Obere schickte zum Superior und ließ ihm ausrichten, was vorgefallen war, wie vor ihm schon der schiitische Präfekt, der ihn über das Licht in Kenntnis gesetzt hatte, das er mit seinen Männern im Kloster gesehen hatte. Nach Aussage von Père Élias aus Ehmej ist es nicht mehr als recht und billig, dass wir das Grab in der Nacht geöffnet haben.“

 

2) Versuche, den Leichnam zu entführen

     Als sich die Gerüchte vom Lichtphänomen häuften, strömten Besucher mit ihren Kranken aus den benachbarten Ortschaften herbei. Einige versuchten, gewaltsam die Türe zum Grabmal zu öffnen. Dies gelang ihnen letztendlich auch. Sie sahen den Leichnam, zupften Haare aus dem Bart, entrissen ihm die Fingernägel, schnitten seinen Habit in Stücke und nahmen die Erde vom Grab als Segen mit nach Hause. Deshalb baten die Mönche den Oberen um die Erlaubnis, das Grab zu öffnen, was dann auch geschah.“

 

3) In Anwesenheit des Oberen

    Die Mönche haben also das Grab geöffnet und fanden den Leichnam unversehrt vor. „Ich, Gerges Sassine, habe dann mit den Bauern begonnen, es zu öffnen. Wir konnten mit eigenen Augen sehen, dass der Leichnam völlig intakt war, auch seine Kleidung trotz des Schimmels, der seinen ganzen Leib bedeckte und vom stehenden Wasser, von den Tropfen und der Feuchtigkeit herrührte. Die Mönche und die anwesenden Bauern waren höchst erstaunt. Der Obere hatte ihnen zuvor gesagt: „Nehmt den Leib ganz unten an den Fußzehen Wenn sie sich vom Leib lösen, lasst ihn lieber an Ort und Stelle.“ So bin ich mit den anderen hineingegangen, mit Bruder Jibraïl aus Mechmech, Saba Tannous Moussa, Bruder Boutros aus Maïfouq, Bruder Jibraël aus Maïfouq, und vielen anderen, an die ich mich nicht mehr erinnere. Um eintreten zu können, musste ich mich bücken, denn die Türe war niedrig. Meine Füße versanken fünf Zentimeter tief im Schmutz. Auf dem Gesims fand ich unberührt von Wasser und Schmutz den Leichnam von Père Charbel, so wie wir ihn begraben hatten. Seine Kleider waren trocken. Ich schaute mir seinen Leib näher an und sah blauen Schimmel über seinem Korpus. Die Unterseite seiner Füße war schon zu seinen Lebzeiten wegen der Arbeit und der mangelnden Pflege voller Hornhaut. Jetzt aber hatten sie ihre Hornhaut verloren und waren geschmeidig und frisch anzusehen. Bruder Elias Al-Mahriny, der darum bat, nach mir einzutreten, hob die beiden Hornhäute auf. Der Korpus von Père Charbel und seine Muskeln hatten ihre Beweglichkeit wie zu Lebzeiten bewahrt. Ich erinnere mich an die Hand, die ich hochhob, um sie dem Oberen zu zeigen. Sein Daumen und sein Zeigefinger waren im Gegensatz zum restlichen Körper nicht mit Schimmel bedeckt. Dann wies uns der Obere an, hinauszugehen und das Grab wieder zu schließen.“

 

4) Ich war erstaunt.

     „Die Schaufel, die wir im Friedhof am Tag seiner Beerdigung vergessen hatten, haben wir wieder gefunden, allerdings war der Stil unbrauchbar geworden. Der Leib und die Kleidung von Père Charbel aber waren völlig intakt, gerade so, wie sie ursprünglich gewesen waren. „Ich, Frère Boutros Maïfouq, erinnere mich gut daran, dass seine lange Hose trocken war, aber auch einzelne Blutflecken aufwies.“ Alle wunderten sich darüber, wie der Leib und die Kleidung trotz des Schmutzes im Grab so unversehrt haben bleiben können, während der Holzstil durch das Wasser und die Feuchtigkeit verrottet ist.

 

5) Die Heilung von Al-Ouwaïni

     „In Folge eines Blitzeinschlags in mein Haus vor zwei Jahren machten sich bei mir, Saba al-Ouwaïni, nach und nach Rückenschmerzen bemerkbar. Vergeblich unterzog ich mich mehreren Behandlungen, aber mein Rücken tat mir noch immer weh, und wenn ich zwei Stunden lang auf den Beinen war, musste ich zwei Tage lang ruhen. Als ich davon hörte, dass seine Seligkeit die Erlaubnis gegeben hatte, das Grab zu öffnen, ging ich eilends dorthin, in der Hoffnung, selbst geheilt zu werden. Im vollen Vertrauen auf die Heiligkeit von Père Charbel, strich ich mit meiner Hand über seinen Rücken und seine Brust. Dann habe ich mir die Handrücken gerieben und gesagt: „Jetzt sind Sie dran!“ Damit wollte ich ihm zu bedeuten geben, es sei jetzt Zeit für ihn, etwas zu tun. Ihr seid unter meinen Händen verstorben, ohne dass ich etwas von Ihnen verlangt hatte, jetzt sind Sie dran, mich zu heilen.

Kurz darauf mussten die Mönche nach Ehmej gehen, um am Begräbnis von Daoud Youssef Saad teilzunehmen. Ich begleitete sie zu Fuß auf dem etwa zweistündigen Hin- und Rückweg. Als ich zu Hause ankam, sagte mir meine Frau: „Ich sehe, dass es dir gut geht. Du bist nicht mehr so erschöpft wie sonst. Hat dich Père Charbel geheilt?“ Aufmerksam geworden betastete ich die schmerzende Stelle am Rücken, dann erhob ich mich, setzte mich, wandte mich nach rechts und nach links und ich verspürte im Vergleich zu früher keine Schmerzen mehr.“

 

6) Das Einebnen der Terrasse

  Mit Nachdruck ersuchte man erneut den Oberen, den Leichnam von dort zu entfernen und ihn in einer kleinen Kammer in der Kirchenmauer zu bestatten. Dieser Ort war trocken und konnte ihn so gegen Feuchtigkeit und Beeinträchtigungen schützen. Er ließ es nicht zu und gab das Ersuchen an seine Seligkeit weiter, unterrichtete ihn auch über das Lichtphänomen und die Besucherströme am Grab und bat den Patriarchen um eine Entscheidung. Seine Seligkeit ordnete an, der Leichnam solle dort verbleiben, wo er begraben worden sei, man solle das Wasser entfernen, den Leib über den Erdboden heben und alle Vorkehrungen treffen, damit das Wasser nicht mehr ins Innere des Grabes eindringen könne. Als die Anweisungen des Patriarchen in Kraft traten, war ich gerade nicht da. Man öffnete das Grab, entfernte das Wasser, hob den Leib auf zwei Bretter, die auf dreibeinigen Holzhockern aufruhten und warf Erde auf die Terrasse, die man mit einem Steinzylinder planierte, um Nässe abzuhalten. „Zum ersten Mal habe ich, Père Francis Sibrini, den Leichnam unversehrt gesehen bis auf eine Stelle unter der Achsel, wo die Haut breit durchlöchert war, was vielleicht von Ratten oder von der Feuchtigkeit herrührte.“

                                                                      

7) Was soll ich tun?

     Der Obere des Klosters von Annaya schrieb an den Patriarchen: „Am 24. Dezember des vergangenen Jahres verstarb Euer Sohn, Père Charbel aus Bqaakafra, Einsiedler in der Eremitage Ihres Klosters in Annaya. Seitdem erstrahlt jede Nacht ein Licht aus seinem Grab. Viele verglichen es mit dem Licht eines Leuchtturms, der nur auf einer Seite leuchtet, während die andere dunkel bleibt. Die Einsiedelei und die Mönche zweifeln nicht im Geringsten daran, dass hier angesichts der außerordentlichen Güte des Verstorbenen und der Wunder schon zu seinen Lebzeiten ein göttliches Eingreifen vorliegt, selbst wenn sich das Leuchten zeitweilig auch als natürliches Phänomen erklären ließe. Vor vier Tagen konnten wir die Beobachtung machen, dass sein Leichnam keine Verwesungsspuren zeigt im Gegensatz zu den anderen bereits verwesten Leichnamen. Nachdem der Ort feucht ist, schlage ich vor, den Korpus in einen mit Teer betrichenen Sarg zu legen. Wenn Ihre Seligkeit es erlauben würde, ihn in die Mauer der Kirche einzulassen, wo es keine Feuchtigkeit gibt, dann begünstige dies die Konservierung des Körpers. In jedem Fall liegt die Entscheidung bei Ihrer Seligkeit.“

 

G: Außerhalb des Friedhofs

 

1) Die Übertragung des Körpers

     Gerges Sassine berichtet: „Nach einer gewissen Zeit bat man uns, wir sollten den Sarg zum zweiten Mal öffnen.“ Denn Seine Seligkeit hatte die Anweisung gegeben, den Körper aus dem Friedhof zu holen und ihn an einen abgeschirmten Ort zu bringen, wo ihn niemand sehen könne. Der Friedhof wurde geöffnet, und der Körper wurde in Anwesenheit von Père Maron aus Mechmech, dem Stellvertreter des Oberen Père Antoun aus Mechmech, Père Youssef aus Mechmech, Père Makarios, seinem Gefährten in der Einsiedelei, von Bruder Boutros aus Mechmech, Bruder Elias aus Mechmech und Père Youssef aus Ehmej von dort weggenommen. Der Körper sollte so lange im Kirchenschiff aufgebahrt werden, bis man einen für die Blicke nicht zugänglichen Ort gefunden habe. Wir forderten, man solle doch seine Kleider wechseln, die seit seinem Tod noch immer dieselben geblieben waren und man möge doch den Schimmel entfernen. Der stellvertretende Obere Père Maron wehrte sich dagegen und so ließ man den Körper bis zum Morgen in der Kirche.

 

2) Ein Licht um seinen Körper

     „Um Mitternacht betete Frère Élias Al-Mahrini wie gewohnt nach dem Rosenkranz und den Abendgebeten vor dem Allerheiligsten. Er kam eilends zu mir, Francis Sibrini, gelaufen, weckte mich und sagte mit zitternder Stimme: „Ich habe etwas ganz Seltsames gesehen, was mir in meinem ganzen Leben noch nicht begegnet ist. Kommen Sie und sehen Sie es sich an. Ein Licht strömt aus dem Tabernakel, umfließt den Körper von Père Charbel, lässt sich dann auf der Kerze nieder und kehrt in den Tabernakel zurück.“ Ich ging eilends mit ihm zur Kirche, aber ich sah nichts. Ich stritt mich mit ihm, aber er bestätigte immer wieder und deutete mit dem Finger, als ob er etwas mit seinen Augen wahrnehme. Ich sah noch immer nichts. Ich hielt es für eine Täuschung.“

 

3) Wasser unter dem Körper

     Saba Ouwaïni berichtet: „Früh am Morgen kam Père Maron in die Kirche, um die heilige Messe zu lesen, aber der üble Geruch des Schimmels störte ihn sehr. Als ich im Kloster ankam, sagten mir alle: „Heute hat Père Charbel den Stellvertreter des Oberen Père Maron vertrieben und ihn vom Lesen der heiligen Messe abgehalten.“ Wir gingen in die Kirche hinein, sahen das Wasser unter seinem Körper und rochen den starken  Schimmelgeruch. Wir legten den Körper in den Kreuzgang des Klosters auf einen Ziegenfellteppich nieder und wischten mit einem Tuch den Schimmel weg. Das Tuch behielt ich bei mir. Anfangs roch es nach Schimmel, doch dann ging ein angenehmer Geruch von ihm aus. Ich behielt das Tuch wie einen wertvollen Schatz. Viele baten mich um ein Stück davon als Segen, und ich gab es ihnen. Einen Monat später hat man es zu meinem großen Bedauern aus meinem Haus gestohlen.“

 

4) Der Zustand seines Körpers

     Man fand einen in all seinen Gliedern unversehrten Körper vor, der von den Haaren bis zu den Fußsohlen geschmeidig war, frisch, sanft und biegbar, als ob seine Seele noch immer darin lebendig sei. Seine Wimpern, seine Haare, sein Bart und die Haare auf der Brust waren vollständig erhalten und waren ein wenig ergraut. Die Hände trugen Spuren eines Schimmels, der so strahlend weiß war wie Baumwolle, auch das Gesicht war davon bedeckt. Es trug allerdings auch schwärzliche Spuren. Der Bauch war eingefallen. An der Hüfte zeigte sich eine Wunde, gerade an der Stelle, an der er den spitzen Metallgürtel trug. Andere behaupteten, er habe keine Wunden gezeigt, nur eine Narbe.

Nachdem der Schimmel vom Körper entfernt war, glichen die Hände wie das Gesicht denen einer noch lebenden Gestalt, die gerade eingeschlafen war. Sie zeigte keinerlei Spuren einer Verwesung, man roch nur den üblen Geruch. Beim Entfernen der Kleidung war man darauf bedacht, nichts zu zerreißen. Denn die Glieder waren biegbar wie die eines lebenden Menschen. Als man den Körper vom Schmutz reinigte, trat eine feine normal farbene Haut hervor. Seine Knie zeigten Schwielen wie bei einem Kamel. Nachdem aber der Schmutz entfernt war, verschwanden auch die Schwielen und zwei von zartem Fleisch überzogene Knie kamen zum Vorschein. Man zog ihm neue Kleider an, nachdem man ihn den ganzen Tag über nackt auf das Dach gelegt hatte, um ihm Feuchtigkeit zu entziehen. „Abgesehen vom Körper Père Charbels habe ich, Pfarrer Mikhaël Ramia, noch nie zuvor einen solch völlig erhaltenen Leichnam gesehen. Wir alle führten die Unversehrtheit des Körpers auf seine Heiligkeit zurück.“

 

5) Blut und Wasser flossen heraus.

     Der Körper Père Charbels wurde auf das Dach gelegt und der Sonne ausgesetzt, um ihn trocknen zu lassen, bevor man ihn in den kleinen Zwischenraum legte. Als Saba Tannous Moussa ihn so ganz nackt sah, stach er mit einer Feder in seine Hüfte. Sofort floss helles rotes Blut heraus. Er nahm ein großes Fläschchen, füllte es damit und bewahrte es auf. Jedes Mal wenn er einen Gegenstand von Père Charbel fand, nahm er ihn zu sich. Die Mönche schalten ihn, trockneten das Blut mit Baumwolle und verbanden die Wunde. Das Blut hörte dann auf zu fließen.

 

6) Der Bericht Al-Ouwaïnis

    „Ich hatte erfahren, dass die Mönche sich dazu entschlossen hatten, den Körper hervorzuholen und ihn auf dem Dach des Klosters der Sonne auszusetzen, um ihn dann wieder ins Grab zurückzulegen. Denn Wasser trat aus seinem Körper hervor, und er roch schlecht. Ich kam im Kloster an, wo bereits alle Bewohner zusammen mit Boutros Saba Al-Khoury aus Ehmej, der als Arzt praktizierte aber kein diplomierter Mediziner war, anwesend waren. Man holte also den Körper von seinem Platz herunter, trug ihn auf das Klosterdach, legte ihn auf eine Strohmatte, nachdem man ihn nackt ausgezogen hatte und setzte ihn der Sonne und dem Wind aus. Zutiefst gerührt sagte ich den Mönchen: „Warum setzt Ihr ihn so der Sonne aus? Schreibt doch dem Patriarchen, er solle darüber entscheiden, was jetzt angemessen sei. Er hielt es nicht für nötig, den Körper der Sonne auszusetzen und ihn mit Alkohol zu trocknen, denn er zeigte keine Spuren von Verwesung. Ihr seht doch, dass alle seine Gliedmaßen intakt sind, sogar sein Sexualorgan.“ Dann begann ich, den Körper unter ihren Blicken zu drehen und zu wenden und fand keine Spur einer Verwesung. Als ich ihn auf eine der beiden Seiten legte, blutete er. Sein Blut war noch warm und es tropfte aus seiner Hüfte, wo er eine Art Wunde hatte. Ich nahm also ein Fläschchen, füllte es mit Blut und nahm es mit nach Hause. Das war alles, was ich genommen habe, und ich hob es ein Jahr lang auf. Jedes Mal, wenn ich einem Kranken davon geben wollte, führte ich einen Eisendraht in das Fläschchen ein oder aber einen Strohhalm, weil ich daran glaubte, es sei das beste Heilmittel. Ich glaube zutiefst an die Heiligkeit von Père Charbel, sogar so sehr, dass die Heilung auf seine Fürbitte hin zwangsläufig erfolgen müsse. Zahlreich sind die Zeugnisse derer, die zu mir zurückkamen und sich für die Heilung bedankten. Im Grunde war ich mir ganz sicher, dass er heilen würde.

Es geschah, dass mein Bruder Père Youssef aus Ehmej trotz vielfältiger Behandlung von den besten Ärzten nicht geheilt werden konnte. Er bat mich um das Fläschchen mit dem Wunsch, durch seine Hilfe Heilung zu  erfahren. Er hat es mir nicht mehr zurückgegeben. Als ich ihn darum bat, gab er mir zur Antwort: „Das kann schon sein. Aber ich erinnere mich nicht mehr.“

 

 

 

 

H: In einem kleinen Dachbodenraum

 

1) In der Sonne

     Bevor man den Körper auf dem kleinen Dachbodenraum aufbewahrte, brachte man ihn, so Père Antonios Alwan, auf das Dach der Kirche, legte ihn in einem Sarg in die Sonne, denn er war ganz feucht. Man glaubte, er würde so in der Wärme trocknen, zumal es an diesem Tag sehr heiß war. Am Abend war er schon etwas trockener geworden und so wechselte man seine Kleider. Dann brachte man ihn wiederholt aufs Dach in die Sonne, und dennoch nässte sein Körper auch weiterhin. Bruder Boutros aus Lehfed bemerkte: „Ich habe selbst schon ein Mal den Körper eines Menschen auf dem Klosterdach liegen sehen. Aber ich war damals noch klein und Rinderhirte im Kloster. Ich wusste nicht, warum man ihn an diesem Tag auf das Dach gelegt hatte. Jung wie ich war, interessierte ich mich nicht besonders für diese Frage.“

 

2) Aus Angst, man könne ihn wegnehmen

    Über seine Mönchskleider zog man ihm ein weißes Messgewand an. Man legte ihn in einen einfachen Holzsarg ohne Deckel, brachte ihn an eine schmale Stelle oberhalb der nördlichen Kirchenmauer zwischen dem Gewölbe und der oberen Treppe der Außenmauer. Dort war ein kleiner Raum für Kohle und abgelegte Messgewänder. Man nannte ihn die Abstellkammer. Der Zugang war mit einem mit Ton bestrichenen Stein versperrt, damit ihn die Besucher und die Betrachter in ihrer Begeisterung für seine Tugenden und sein heiligmäßiges Leben nicht wegnehmen konnten.

Dort verblieb der Körper mehr als sechs Monate lang. Die Leute strömten von überall herbei, sogar aus Qartaba, um Père Charbel, den sie den „Heiligen“ nannten, zu besuchen. Die Mönche hinderten sie daran, bis zu dem kleinen Raum, in dem er lag, hinaufzugehen. Père Nehemtallah erklärte: „Ich weiß nicht, ob die Erlaubnis des Patriarchen mündlich oder schriftlich erfolgte. Ich habe kein Dokument darüber im Klosterarchiv gefunden. Wir wollten ganz einfach seinen Leichnam von den anderen Leichnamen isolieren, damit man ihn als solchen wiedererkenne.“

 

3) Die Heilung eines kranken Kindes (Mk 7,31-44)

    Eines Tages kam ein Mann in Begleitung eines stummen Kindes aus dem Ort Al-Foutouh. Weil er hartnäckig darauf bestand, zeigte man ihm, wo der Körper aufgebahrt lag. Der Mann und sein Kind knieten nieder, beteten und küssten die Hand des Heiligen. Beim Hinuntergehen auf der dunklen Treppe rief das stumme Kind plötzlich seinem Vater zu: „Papa, bitte, stütz mich!“. Der Vater rief voller Freude aus: „Danke, Père Charbel!“

 

4) Das Licht verschwand.

    Von dem Augenblick an, als man den Leichnam von Père Charbel aus dem Grab geholt hatte, verschwand auch das Licht, um sich nie mehr zu zeigen. Der Körper wurde etwa ein Jahr lang in dem kleinen Raum belassen. Auf Anweisung Seiner Seligkeit überführte man ihn während der Abwesenheit von Père Francis Sibrini in ein isoliert gelegenes Zimmer neben der Eingangstüre zum Kloster.

 

5) Blut floss aus dem kleinen Raum.

     Frère Boutros Maïfouq erzählt: „Der Körper wurde in dem kleinen Raum oben aufbewahrt und die Türe wurde mit Ton abgedichtet. Blut und Wasser sickerten in Überfülle aus seinem Körper, liefen auf die Treppe und verbreiteten sich in der Kirche, was den Mönchen lästig war. Er roch erst dann so streng, nachdem man seinen Körper hierher überführt hatte. Nach mir wurde Père Youssef Al-Kfoury mit der Beaufsichtigung des Leichnams beauftragt.“

 

I: In den Händen von Père Youssef Al-Kfouri

 

1) Auf dem Dach des Klosters

     „Zwei Tage nach meiner Ankunft, stellte der Obere den Leichnam von Père Charbel unter meine Aufsicht. Ich, Père Youssef Andari, öffnete den Sarg, der nicht fest verschlossen war und sah Père Charbel in abgetragener Mönchskleidung. Ich nahm einen nicht unangenehmen, aber schwer erträglichen Duft wahr. Der Körper war wohlbehalten wie der eines vor einer Stunde verstorbenen Mönchs. Sein Bart, sein Schnurrbart, seine Wimpern und Haare waren vollständig erhalten. Bis auf ein Auge zeigte er keinerlei Veränderung. Seine Gelenke, seine Haut und sein Fleisch waren geschmeidig. Sein Teint war normal und bräunlich. Nach drei Tagen legte ich ihn in ein Zimmer auf der Nordwestseite. Von dort brachte ich ihn mit Bruder Egide Al-Tannouri auf das Klosterdach, um ihn nackt dem Wind auszusetzen, damit das Blut, das in Überfülle aus seinem Rücken und seiner Hüfte tropfte, trockne. Ich legte zwei weiße Tücher unter ihn, die ich täglich wechselte. Denn ich fand sie mit Blut und Wasser durchtränkt, wobei vorrangig Blut zu sehen war. Nur selten ließ ich die Tücher länger als zwei Tage liegen. Der Schweiß drang zähflüssig aus allen seinen Poren. Vergeblich setzte ich ihn vier Monate lang nächtens dem trockenen Ostwind aus, der immerhin Land und Bäume austrocknete, ohne dass es mir irgendwie gelungen wäre, dem Körper Flüssigkeit zu entziehen. Die Mönche nahmen manchmal daran Anstoß und hatten Angst. Ich tat all das auf eigene Initiative hin, denn der Obere war in den Besitztümern des Klosters zwischen den Bergen und der Küste beschäftigt. Als sich der intensive Blutausfluss aus seiner Brust über vier Monate vom Ende des Frühlings bis zum Ende des Sommers hinweg fortsetzte, und ich täglich zwei Tücher wechseln musste, da dachte ich daran, den Magen entfernen zu lassen. So hoffte ich einerseits, den Flüssigkeitsaustritt unterbinden zu können, andererseits wollte ich endlich mit der Idee Schluss machen, der Magen habe viel Wasser im Grab absorbiert.“

 

2) Für ein erneutes Bestatten des Körpers

     Saba Moussa Al-Ouwaini erzählte: „Als man den Körper von Père Charbel aus dem Grab holte, sickerte reichlich rote Flüssigkeit, die Wasser glich, in dem man Fleisch gereinigt hatte, aus seinem Körper und verbreitete einen üblen Geruch. Die Mönche wollten dem um jeden Preis ein Ende bereiten und wandten sich, ich weiß nicht warum, an Boutros Saba, einen Mann, der sich als Arzt betätigte, ohne je Medizin studiert zu haben. Er untersuchte den Körper und empfahl, ihn zum Trocknen in die Sonne zu legen. So setzte man ihn eine Zeit lang der Hitze aus. Ich habe ihn selbst mit Alkohol gereinigt, was vom erwähnten Arzt befürwortet worden war. Dann legte man ihn in den ehemaligen Sarg ohne Deckel und brachte ihn in einen kleinen Raum im Erdgeschoss. Aber es sickerte noch mehr Wasser als zuvor aus dem Körper.“

„Die Besucher“, so Père Youssef Andari, „kamen zahlreich und wunderten sich über den Geruch, der von ihm ausging. Ich habe ihn selbst auch wahrgenommen und so schüttete ich ringsum auf den Boden um den Sarg Parfum. Zwei Flaschen habe ich dafür verwendet.“ Père Élias  aus Mechmech schlug vor, den Körper erneut zu bestatten, ein Vorschlag, der von der Gemeinschaft abgelehnt wurde. „So bat ich, Youssef Andari, den Oberen, Père Mikhaël Al-Tammouri, um Rat. Er schlug vor, den Leichnam wieder ins Grab zu legen. Ich entgegnete ihm: „Wir verlieren unseren Ruf, wenn wir ihn wieder ins Grab legen, nachdem jedermann bereits von der Überführung und den Wundern wusste. Ich hingegen habe ihm geraten, den Magen in der Hoffnung entfernen zu lassen, dass der Körper austrockne und es so keine Absonderungen oder schlechten Geruch mehr gebe. So viel ich weiß, gab er mir zur Antwort: „Machen Sie, was Sie wollen!“

 

3) Entnahme des Magens

     Père Youssef Andari fährt fort: „Ich fragte den Nachbarn des Klosters Saba Tannous Moussa um Rat und erhielt als Antwort: „Ich wage nicht, Père Charbel zu berühren; denn er hat zu seinen Lebzeiten Wunder vollbracht. Ich fürchte, dass meine Kinder sterben könnten.“ Ich entgegnete: „Wir haben nicht die Absicht, Père Charbel zu beleidigen, wenn wir ihm den Magen entnehmen, um den Blutausfluss zu stoppen. Er wird uns Folge leisten.“ Wir haben uns darauf geeinigt, die Sache geheim zu halten. Ich betrat dann während des Tages, ich erinnere mich nicht mehr genau wann, mit Saba den Raum. Mit einem Skalpell öffnete er die Hüfte unterhalb der Rippen, führte seine Hand hinein und entnahm den Magen und die Eingeweide. Wir fanden sie so frisch vor, wie die eines Schafes, das vor einer Stunde geschlachtet worden war. Der Mageninhalt glich den Mägen frisch geschlachteter Tiere, ohne jegliche Spur einer Verderbnis oder von Würmern. Der Geruch war derselbe wie der Geruch der ausgetretenen Flüssigkeit. Ich legte die inneren Organe in ein Metallgefäß. Der Skalpellschnitt blutete nicht. Was den Magen und die Gedärme angeht, so erinnere ich mich nicht mehr, ob daraus Blut und Wasser hervortraten. Das Herz, die Lungen, die Leber und die Gallenblase waren unversehrt wie die Leber eines kurz zuvor geschlachteten Schafes. Das Wasser war vom Blut gefärbt und trat reichlich hervor. Wir trugen die erwähnten inneren Organe in eine nicht überdachte Kirchenruine, die wir „Saint-Georges“ nannten. In einer Ecke gruben wir ein Loch und legten das Entnommene hinein. Es war schon Nacht, und ich sagte mir: Wenn man den Körper nach Rom zur Untersuchung schickt, dann werden wir zumindest etwas von ihm bei uns behalten haben. Das Metallgefäß wurde dann verschlossen. Nach einer gewissen Zeit, ich weiß nicht mehr wie lange, beauftragte ich Bruder Egide Al-Tanouri, der mich begleitete, zu schauen, ob der Magen noch da sei. Er kam zurück und sagte mir, er habe das Gefäß leer vorgefunden. Ich weiß nicht mehr, ob er alleine war. Doch der Körper blieb im gleichen Zustand, sonderte weiterhin eine blutige Flüssigkeit ab und schwitzte eine zähflüssige Masse aus. Und dies während meines ganzen Aufenthaltes im Kloster, zwei Jahre und acht Monate lang. Den Oberen habe ich über mein Vorgehen informiert. Später dann ging Saba alleine weg, grub den Magen aus und nahm ihn zu sich. Diesbezüglich erzählte uns Bruder Tanios Al-Qady, Saba habe die Eingeweide in einen Kessel gelegt und gekocht. Er verteilte sie dann als Segensmittel an seine Kranken. Dieses Vorgehen fand sein Nachspiel in der Frage, die das Komitee ihm gestellt hat: „Man erzählt sich überall, Du habest das Blut aus diesem Körper dazu verwendet, um damit Kranke zu behandeln. Dank dieses Blutes wurden sie wieder gesund. Der Umfang des Entnommenen muss beachtlich gewesen sein.“ Jetzt bedauerte er in seinem tiefsten Inneren, was er getan hatte und sagte: „Ich weiß noch genau, dass ich die Leber entnommen habe, das noch rote Herz, von dem Blut, mit Wasser vermischt, herunterlief. Es hatte überhaupt keinen üblen Geruch. Seitdem ich ständig daran denken muss, mache ich mir Vorwürfe, dass ich das Herz nicht bei mir zu Hause als wertvollen Schatz aufbewahrt habe. Ich habe ihn inständig darum gebeten, mir auch das Herz zu überlassen oder ein Teil dessen, was ich entnommen hatte. Aber er hat sich geweigert, es mir zu geben.“

 

4) Er vertrieb die Heuschrecken.

     Zur Amtszeit von Père Mikhaël Al-Tanouri als Oberer im Kloster von Annaya überfielen ganz plötzlich und von allen Seiten Heuschrecken die Ländereien um das Kloster. Es war zwei Stunden vor Sonnenuntergang. Obwohl Mönche und Bauern alles daran setzten, die Heuschrecken zu vertreiben, überzogen sie scharenweise Aussaat und Bäume. Der Obere rief den Einsiedler Père Makarios und sagte ihm: „Père Charbel hat zu seinen Lebzeiten Heuschrecken den Garaus gemacht. Nimm du nun ein Gefäß mit Wasser, benetze damit seine Hand und besprenge mit ihm, so sehr es geht, die Aussaat, die Maulbeerfeigenbäume und die Bäume des Klosters.“ Père Makarios gehorchte. Am Morgen nahmen die Heuschrecken Reißaus. Während der Einsiedler die Aussaat besprengte, erregte ein Geschehen seine besondere Aufmerksamkeit: Er kam zum bebauten Feld des Bauern Saba Zahra, der dem Einsiedler sagte: „Ich schütze selbst mein Feld. Tritt nicht auf ihm herum, damit die Saat nicht zertreten wird.“ Während die Heuschrecken Reißaus nahmen, stürzte sich ein Teil auf das genannte Feld und fraß alles auf. Vergeblich bemühte er sich mit Gewehrschüssen und mit dem Verbrennen der Dornenhecken ringsum. Die Ackerflächen des Klosters blieben unberührt, während die Kräuter und die Rinden der wilden Bäume abgefressen wurden. So könnte man sogar sagen, dass die Heuschrecken für die Klostergüter nützlich waren.“

 

5) Heilung einer Lähmung (Mt 9,1-8)

     „Nach meiner Schwangerschaft mit meiner ältesten Tochter Abla befiel mich, Marie Zwain, eineinhalb Jahre lang eine Krankheit an Händen und Füßen und am ganzen Körper. Ich hatte entsetzliche Schmerzen. Meine Schwiegermutter Jalileh unterstützte mich damals. Wenn mein Töchterchen weinte und niemand da war, der es trug, beugte ich mich über sie, hob sie mit meinen Zähnen hoch und legte sie auf meine Brust, um sie zu stillen. Denn ich vermochte nicht, sie mit den Händen zu halten. Einmal fiel sie von meiner Brust und kam neben einem glühenden Ofen zu liegen. Vergeblich bemühte ich mich, sie zu retten. Mir war wie in einem Alptraum, in dem ich zu gehen versuchte, ohne voran zu kommen. Ich versuchte drei Mal, aufzustehen; denn meine einzige Tochter drohte zu verbrennen. Ich war außerstande, mich zu regen und rief mit allen Kräften um Hilfe. Ein Mann namens Farès Lahoud, der gerade dabei war, während des Regens den Steinzylinder auf seinem Dach hin und her zu bewegen, eilte herbei und entriss sie dem Feuer. Ich denke, meine Krankheit zeigte nicht die Symptome einer nervenbedingten Depression, die durch einen emotionalen Schock hätte geheilt werden können. Denn was gibt es emotional Bestürzenderes, als seine Tochter ins offene Feuer fallen zu sehen, so dass eine Mutter unter einem solchen Schock für Nerven und Gefühle die eigenen Schmerzen vergisst, um das Mädchen zu retten. Doch meine körperliche Hilflosigkeit verschwand nicht und diese Hilflosigkeit verschlimmerte noch meine Krankheit. Die Lähmung hatte nicht nur meine Hände und Füße, sondern meinen ganzen Leib erfasst, einschließlich meinen Unterkiefer, so dass ich vier Monate lang nicht essen und mich nur von Milch ernähren konnte. Ich war schon bei vielen Ärzten, ohne Erfolg. Mir blieben nur Trauer und Tränen und ich zweifelte, ob es je eine Heilung für mich geben könnte.

Eines Tages kam eine Schiitin aus dem Dorf Ferhet zu mir und bat mich um ein Almosen. Sie fragte mich: „Was fehlt dir?“ Unter Tränen erzählte ich ihr von meiner Krankheit. Sie erwiderte: „Nicht weit von hier gibt es einen Heiligen, der Wunder tut. Er heißt Père Charbel aus dem Kloster des heiligen Maron. Geh dorthin und du wirst gesund.“ Père Roukoz aus Mechmech befand sich gerade in unserem Dorf. Ich rief ihn und fragte ihn, ob es wahr sei, was diese schiitische Frau mir erzählte hatte. Er gab mir zur Antwort: „Ja, das ist wahr.“ Er ermutigte mich, diesen Besuch zu machen. So entschied ich mich auf der Stelle zu diesem Besuch am Grab des Heiligen. Und ich machte ihm ein Gelübde. Meinen Mann unterrichtete ich über den Besuch und das Gelübde. Er rief einen Maultiertreiber, der mich zusammen mit meiner Tante Wardé nach Annaya brachte. Unterwegs habe ich viel gelitten: Der Maultiertreiber stützte mich auf der einen Seite, auf der anderen Seite liefen während des ganzen Weges meine Tante und eine andere Frau. Ich konnte weder meine Kleidung wechseln, noch essen. Meine Schwiegermutter kümmerte sich um alles.

Am Kloster angekommen nahm man mich in der Nähe des Friedhofs vom Maulesel. Ich weinte vor Schmerzen und Ermüdung, war ich doch fünf Stunden lang von meinem Dorf Yahchouch bis zum Kloster auf dem Rücken des Esels gesessen. Der Weg hatte mich sehr erschöpft und Schmerzen verursacht. Man brachte mich in den Friedhof, wo der Körper des Heiligen anfangs aufgebahrt war. Der Obere Père Mikhaël Al-Tanouri kam und war sehr berührt über meine Lage. Er ermutigte mich und sagte mir: „Hab festes Vertrauen und du wirst noch heute gesund werden.“ Er holte mir Wasser, in das die Hand des Heiligen eingetaucht worden war und Tücher, die von seinem Blut getränkt waren. Meine Tante und die Tochter Karimah, die Tochter von Azar Karam aus Yahchouch, ließen das Wasser und das Blut über meinen Körper, meine Hände und meine Füße rinnen. Auf der Stelle verspürte ich Kraft in meiner rechten Hand. Ich begann, meine Finger zu bewegen und mich abzustützen. Meine linke Hand, die schwächer war und mich mehr als die andere schmerzte, wurde beweglicher, so dass ich mich ein wenig aufstützen konnte. Sobald ich den Friedhof betrat, fühlte ich, wie eine Kraft meinen ganzen Körper durchströmte. Ich wurde mir bewusst dass ich auf die Fürsprache von Père Charbel bereits auf dem Weg der Besserung war. Ich verließ den Friedhof alleine. Kurz darauf stieg ich wieder auf den Rücken des Maulesels, um nüchtern nach Hause zurückzukehren. Denn ich hatte das Gelübde gemacht, erst nach meiner Genesung wieder etwas zu mir zu nehmen. Meine Nahrung waren das Gebet und der Gedanke an die Kinder. Der Obere bestärkte mich unaufhörlich in meiner Hoffnung und in meinem Glauben. Als ich wieder auf den Maulesel stieg, brauchte ich keine Hilfe mehr. Nur in meiner linken Hand kribbelte es noch. Als ich ins Dorf Sannour kam, hatte ich überhaupt keine Schmerzen mehr. Ich war sicher, geheilt worden zu sein und bewegte meine Hände und meine Füße ganz normal. Außer mir vor Freude stieg ich vom Rücken des Maulesels und lief etwa eine Viertel Stunde lang eine Strecke Weges zu Fuß. Ich kam dann an demselben Tag zu Hause an und war dank der Fürbitte des heiligen Charbel völlig geheilt. Sobald ich in Yahchouch ankam, wusch ich mein Töchterchen. Und seitdem bete ich täglich ohne Unterlass zum heiligen Charbel.“

 

6) Mäuse im Sarg

„Einige Mönche erzählten mir, Frère Boutros Eliane Mechmech, seine Hand und seine Füße seien durch Mäuse in Mitleidenschaft gezogen worden, was damit zusammenhängt, dass die der Hand gegenüberliegende Seite an Stelle des Gitters mit Zink überzogen war. Offensichtlich sind die Mäuse in den Sarg über das offene Gitter eingedrungen.“

 

 

 

7) Noch immer trat Flüssigkeit aus.

Père Youssef hätte seinen Eingriff am Leichnam nicht vornehmen müssen; denn aus dem Körper trat noch immer Flüssigkeit aus. Der Geruch kam nicht vom Körper selbst, sondern von der Flüssigkeit, die nun schon acht Monate lang austrat. Père Youssef Andari fährt fort: „Dies ist Beweis genug, dass wir es mit einer seltsamen und erstaunlichen Tatsache zu tun haben, die uns und auch die Laien im tiefen Glauben an die Heiligkeit von Père Charbel bestätigt hat. Die Besucher kamen von überall her und baten um Beistand.“ Père Youssef erklärte: „Wenn ich gewusst hätte, dass die Entnahme der Eingeweide zu keinem Ergebnis führen würde, hätte ich nichts unternommen. Ich war voller Verwunderung über diese seltsame Geschichte mit dem Leichnam, weil ich nicht wusste, woher die Flüssigkeit und dieser Geruch kamen. Der Körper bestand doch nur aus Haut und Knochen! Ich nahm vor dem Wechsel der feuchten blutgetränkten Kleider einen strengen Geruch wahr. Danach aber verflüchtigte er sich über dem Körper, in den ausgewechselten Kleidungsstücken aber blieb er noch immer haften.

Der Anwalt im Seligsprechungsprozess brachte eine Albe, die man eine Woche lang auf seinen Körper gelegt und gestern zu Untersuchungs- und Beweiszwecken weggenommen hatte. Der Zeuge roch den Geruch und erklärte: „Dieser starke Geruch ist derselbe, den ich beseitigen wollte, und die gelblich-roten Flecken sind dieselben wie zuvor, nur der Flüssigkeitsaustritt war jetzt noch intensiver.“

Das Ergebnis war, dass es keines gegeben hat: das Blut, der Flüssigkeitsaustritt und der Geruch bleiben unverändert. Das Blut tritt noch immer aus der Hüfte aus, aber es war reichlicher als im Augenblick“, so Père Youssef Indari.

 

8) Entnahme des Gehirns

„Die Untersuchung der Mediziner hat gezeigt, dass der Schädel am Hinterkopf geöffnet worden ist. Der Schädelknochen wurde mit einem spitzen Instrument durchstoßen und das Gehirn wurde entfernt. Dies geschah wohl, so Père Andari, durch einen der Besucher, der es als Heilmittel haben wollte, und dies in den zwei Jahren und acht Monaten, während derer ich auf den Körper Père Charbels aufpasste. Hätte ich nicht großes Interesse daran gehabt, auf ihn aufzupassen, hätten die Besucher sich darum gestritten, Teile davon als heilbringende Reliquien zu bekommen, vor allem nach dem Wunder von Tabarja und dem Austritt von Blut und Wasser. Die meisten Besucher hatten Père Charbel schon zu seinen Lebzeiten auf Grund seiner Wunder gekannt. Deshalb waren sie darauf bedacht, eine Parzelle seines Körpers zur Gebetserhörung zu bekommen. Mir scheint, dass so vor allem Saba Tannous Abi Moussa verfuhr, nachdem er fest von der Heiligkeit Père Charbels überzeugt war. Er nutzte ihn als Heilmittel für die Heilung seiner Kranken. Meiner Ansicht nach gab es eine enge emotionale Bindung von Saba zu Père Charbel. Er verehrte seine Tugenden, hatte ihn wirklich gut gekannt und glaubte an seine Fähigkeit, Wunder zu wirken. Schon zu Lebzeiten von Père Charbel bat er ihn um Weihwasser, das er unter die Medikamente mischte, um sie den Kranken zu geben. Es half ihnen, was er auf das Wasser zurückführte, das vom Einsiedler gesegnet worden war. Nach dem Tod des Dieners Gottes fügte Saba vor der Zubereitung eines Medikamentes ein Vater Unser und ein Ave Maria an, die an ihn gerichtet waren und bat um seinen Beistand zur Heilung des Kranken. Auch bat er mich, ich solle einige Tücher auf den Leichnam von Père Charbel legen, die er dann zu sich nahm. Deshalb denke ich, dass Saba das Gehirn nach meinem Weggang aus dem Kloster entnommen haben könnte. Vielleicht waren es auch die Ärzte, die es heimlich, weil sie an das Phänomen nicht glauben konnten, entnommen haben.“

 

9) Richten des Auges und der Nasenspitze

„Ich legte etwas Gips oder eine vergleichbare Masse in sein linkes Auge und auf die Nasenspitze. Denn als man ihn im Grab bestattet hatte, tropfte es unaufhörlich vom Dach herunter und verursachte dort eine leichte Missbildung. Dieser Eingriff gab ihm fast sein normales Aussehen zurück, das im Übrigen keine sonstige Beschädigung zeigte. Seitdem ich mich um den Körper kümmerte, d.h. nach der Überführung bis zu dem Tag, an dem man mich von dieser Verantwortung entlassen hatte, blieb er in derselben körperlichen Verfassung, was die Geschmeidigkeit seiner Haut angeht. Weder vor noch nach der Entnahme der Eingeweide habe ich irgendeine Veränderung bemerkt. Für uns war es ein Geheimnis, das unser Staunen erregte.“

 

10) Eine Unvorsichtigkeit

Père Andari fährt fort: „Die Mönche haben den Leichnam jeweils nur an Orte gelegt, die die Verwesung begünstigten, sei es ins Grab oder in das kleine Zimmer im Erdgeschoss. Und ich selbst, der ich mich zu denen zähle, die hier angesprochen sind, habe aus Unvorsichtigkeit oder Naivität den Leichnam vier Monate lang auf dem Dach dem nächtlichen Wind ausgesetzt, und zudem die Entnahme der Eingeweide gebilligt. So habe ich zu seiner Entstellung beigetragen.“

 

11) Der Gelähmte von Tabarja (Mk 2,1-12)

Gerges Sassine erzählt folgende Begebenheit: „Ein Gelähmter namens Béchara Antoun Al-Azzi wurde von einem Lasttier ans Grab von Père Charbel getragen. Unfähig, Hände oder Füße zu bewegen, holte man ihn in meiner Anwesenheit vor dem Klosterportal herunter. Man brachte ihn in den Raum auf der Nordwestseite, in dem der Leichnam ruhte. Seine Begleiter erklärten mir, dass er diese Krankheit schon seit seiner Kindheit habe. Kurz darauf brachte man ihn wieder vor das Portal, wo er mit Leichtigkeit seine Hände und Füße nach vorne und hinten streckend zu bewegen begann. Dann kehrten sie ins Dorf zurück. Im Frühling sah ich ihn zu Fuß zum Kloster hochkommen und fragte ihn: „Du heißt doch Bechara Al-Azzi. Bist du im vergangenen Sommer hier im Kloster gewesen?“ Er antwortete: „Ja, ich bin derjenige, der von seiner Krankheit geheilt worden ist und jetzt statte ich Père Charbel meinen Dankesbesuch ab. Ohne ihn wäre ich nie mehr auf die Beine gekommen.“ So kam er jedes Jahr zwei Mal, im Sommer und im Frühjahr und trug Votivgaben für Père Charbel mit sich. Dann ging er fastend wieder nach Hause, ohne etwas zu essen. Deshalb fragte ich ihn: „Weshalb isst du nicht im Kloster?“ Er antwortete: „Ich habe das Gelübde abgelegt, nichts zu essen.“ „Als ich, Frère Francis Qartaba, zum Gastpater ernannt worden war, kam Bechara Al-Azzi aus Tabarja zu mir und brachte einen Korb mit Getreide, Hähnchen und anderen Gaben, stellte sie vor mich hin und sagte: „Das habe ich für das Kloster gesammelt als Zeichen der Dankbarkeit für Père Charbel.“ Der Obere sagte ihm dann jedes Mal: „Mein Sohn, nimm wieder mit nach Hause, was du mitgebracht hast. Du bist doch selbst arm.“

Iid Nakad erzählt dieselbe Episode mit den Worten: „Er bat uns darum, ihm das Haus zu zeigen, in dem Père Charbel auf die Welt kam und erzogen wurde. Nach dem Ziel seines Besuchs befragt, erzählte er uns, er sei gelähmt gewesen und Père Charbel habe ihn geheilt. So zog er jedes Jahr durch libanesische Dörfer und bezeugte seine Dankbarkeit gegenüber Père Charbel. Zudem sammelte er Almosen, um sie ihm zu bringen. Wir haben ihn gerne aufgenommen, vor allem meine Mutter. Deshalb kam er drei Jahre lang nach Bqaakafra.“

 

J: Die Unterkunft

 

1) Ein eigener Ort für die Frauen

Es war ihr lebendiger Glaube, der die Pilger in das Kloster von Annaya trug. Man lief auf bis zu 50 km langen Wegen dorthin, darunter waren Frauen, Kinder, Arme, Kranke, die nur auf dem Rücken von Lasttieren herbeigetragen werden konnten. Einige kamen barfuss, damit Gott sich ihrer erbarme und die Genesung ihrer unheilbar Kranken herbeiführe. Unter ihnen waren chronisch Kranke, Lahme, Taube und Gelähmte. Die Pilger kamen nach zwei bis drei Tagen erschöpfenden Gehens ans Kloster, obwohl sie auf Grund der abgelegenen Lage des Klosters mitten auf dem Land mit keiner Unterkunft rechnen konnten. Darüberhinaus war es Frauen verboten, ein Kloster, ja sogar die Kirche zu betreten. Zum Empfang der Leute gab es nur einen dunklen eingewölbten Keller rechts vom Eingang, „Logis“ oder „Hôtellerie“ genannt, wo man die Besucher in Empfang nahm. Die Männer konnten die Kirche betreten, die Frauen, auch die Frauen der Bauern blieben im „Logis“ und nahmen an der heiligen Messe aufrecht neben dem Kirchenfenster auf der Südseite stehend teil.“

 

2) Die nachdrücklichen Bitten der Besucher

Die Männer bestanden darauf, den Körper von Père Charbel zu sehen und zu berühren, um seinen Segen zu erhalten. Die Mönche gaben ihnen zur Antwort: „Das ist unmöglich“, lag doch der Körper in einem kleinen Raum, der „Abstellkammer“. Im Übrigen hatte der Patriarch verboten, ihn vor den Gläubigen auszustellen, weil er befürchtete, sie würden ihn anbeten. Die Männer knieten sich auf die erste Stufe oder neben die Nordmauer im Kircheninneren, beteten und flehten zu Gott, während die Frauen sich kniend außerhalb des Klosters neben der nördlichen Außenmauer aufhielten. Dort im Freien, weinten sie, flehten um Hilfe, beteten, küssten die Mauer und hielten eine Handvoll Erde in ihrer Hand, um sie zu ihren Kranken mit nach Hause mitzunehmen.

Die Mönche selbst hatten Mitleid mit den Besuchern, vor allem Père Youssef Al-Kfoury, obwohl er sich unnachgiebige und furchterregende Gesichtszüge aufsetzte. Er erlaubte den Männern den Zugang zu dem kleinen Raum, um den heiligen Charbel in seinem bescheidenen Sarg liegen zu sehen. Die Besucher zogen beglückt und getröstet über den Anblick des unverwesten Leichnams von Père Charbel wieder von dannen, um zu Hause zu erzählen, sie hätten Père Charbel schlafend wie einen lebendigen Menschen gesehen. Die Frauen waren traurig darüber, dass sie den Körper von Père Charbel nicht sehen konnten und baten die Mönche unter Tränen, diesen Besuch doch zu ermöglichen.

 

3) Das Logis wird zur Kapelle.

Zwei Jahre lang schwoll der Besucherstrom immer mehr an, und alle baten darum, den Leichnam sehen zu dürfen. Deshalb schlug Père Youssef Al-Kfoury bei einer örtlichen Versammlung vor, das „Logis“ in eine Kapelle umzuwandeln. So könnten auch die Frauen an der heiligen Messe in Anwesenheit des Leichnams teilnehmen. Man würde ihn in einem Schrank mit verglaster Vorderseite hinein stellen, so dass ihn die Besucher sehen könnten. Er selbst werde sich darum kümmern, dass man ihn nicht verehre. Dies sei von der Kirche nicht erlaubt. Der Vorschlag wurde dem Generaloberen vorgetragen, der die Erlaubnis des Patriarchen einforderte. So wurde das „Logis“ in eine Kapelle für eucharistische Gottesdienste an den Sonn- und Feiertagen umgewandelt.

Père Youssef Andari ergänzte: „Wir legten seinen Leib in einen außerhalb gelegenen Raum rechts vom Klosterportal. Im Jahre 1901 stellten wir dort einen Tragaltar auf, auf dem man die heilige Messe für die Frauen der Bauern und die Besucherinnen feierte, damit auch Frauen, unter ihnen Miladeh Chhadeh, an der heiligen Messe vor allem bei Kälte teilnehmen könnten und damit sie sich nicht ans Außenfenster der Kirche stellen müssten, weil für sie das Verbot bestand, die Kirche zu betreten.“

 

4) Beschreibung des Leichnams

Wardeh Makhlouf erzählt: „Zwei Jahre nach dem Tod von Père Charbel wollte ich mit meiner Tante Wardé und anderen Frauen vom Dorf sein Grab besuchen. Es wurde uns geöffnet. Ich streckte meine Hand zu seiner hin. Sie fühlte sich zart an, sein Körper erschien gesund, sein Bart war so, wie er immer gewesen war, sein Gesicht war rosafarben, Schweiß lag auf seinem Hals. Ich strich darüber wie auch über seine Haare.“ Sein heiliger Leib schied zu allen Jahreszeiten eine Flüssigkeit aus. Seine feuchten Kleider glichen denen eines lebenden schwitzenden Menschen, rochen aber nach Schimmel und Fäulnis. Von Zeit zu Zeit zog man ihm neue Kleider an, um die alten zu waschen, so wie man die Kleider eines lebenden Menschen wäscht. „Ich, Frère Boutros Eliane Mechmech, zog ihn nicht zu einem festen Zeitpunkt um. Manches Mal wartete ich eine Woche, dann zwei oder aber ein Mal im Monat. Im Sommer musste ich es häufiger tun, denn der Geruch hielt sich im Sommer wie im Winter.“ Und Frère Boutros Jawad Mechmech ergänzt: „Der Körper liegt gesund und wie schwitzend da. Die Leute kommen zum Grab und glauben, wie wir auch, dass der Leichnam durch ein Wunder unverwest erhalten geblieben sei, weil Père Charbel ein Heiliger war.“ So äußerten sich nicht nur die Maroniten, sondern auch die benachbarten Schiiten und andere Muslime.

 

5) Der Körper wurde senkrecht aufgestellt.

 Père Youssef Al-Kfoury ließ einen Schrank mit einem Glasfenster anfertigen, in den man den Leichnam hineinstellte. Er wurde von zwei Krücken unter beiden Achseln gestützt. Es trat noch immer Flüssigkeit aus. „Von Zeit zu Zeit wechselte ich, Père Elias Ehmej, seine Kleider. Zu diesem Zeitpunkt zog man ihm seine Mönchskleider mit einer Stola um den Hals an. Der obere Teil des Schrankes war mit einem Fenster mit Holzrahmen versehen, der sich wie ein zweiflügliger Fensterladen öffnen ließ.

Père Moubarak Tabet berichtet: „Ich war gekommen, um einen Toten zu sehen. Man führte mich in das Zimmer, in dem sich der gegen die Wand gelehnte Holzsarg befand. Der Körper von Père Charbel stand aufrecht auf seinen Füssen darin. Sein ganzer Körper glich dem Körper eines Lebenden, die Augen waren geschlossen. Er war mit einer weißen Albe bekleidet, die von Schweiß und Blut durchtränkt war. Ich nahm seine Hand, um sie zu küssen. Ich fand sie geschmeidiger als meine. Seine Haut war zart und von natürlicher Farbe, vom Tod gelblich gefärbt.“

Die Freude der Gläubigen über den aufrecht stehenden Leichnam war groß. Denn sie hatten die Vorstellung, er stehe mitten unter ihnen. Von den Mönchen jedoch zeigten sich einige unzufrieden über die Haltung, die sie kindisch und für den Leichnam Père Charbels unangemessen fanden.

 

6) Die Heilung eines Töchterchens und die Auferweckung eines Kindes

„Mein Töchterchen Ester hatte ab dem Alter von drei Jahren epileptische Anfälle und Ohnmachtsanfälle. Ich, Marie Chamouun, brachte sie zu Saba, einem Heiler, der keine approbierte medizinische Ausbildung hatte. Aber ohne Ergebnis. Ihre Erkrankung zog sich dahin, und die Anfälle häuften sich. Ich machte Père Charbel ein Gelübde und das Kind wurde gesund. Es starb am 17.April 1901.“ Ihr drittes Kind wurde im Alter von einem Jahr von derselben Krankheit erfasst. Über acht Tage lang war es ohnmächtig und verweigerte die Milch. Inzwischen verschlimmerte sich sein Zustand zusehends. In den ersten Tagen seiner Erkrankung wachte es kaum mehr auf und ließ sich kaum mehr stillen. Schließlich verlor es das Bewusstsein. Die Mutter gab jegliche Hoffnung auf, es wieder heil und gesund zu sehen; denn die Anzeichen des Todes, die sich schon zuvor beim Tod des Brüderchens gezeigt hatten, deuteten sich auch bei ihm an, und sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte. Da beschloss sie, das Kind zum Grab des heiligen Charbel mitzunehmen. Wusste sie doch, wie sehr die heilige Messe noch zu ihren Lebzeiten sie froh und andächtig zu stimmen vermochte. Sie nahm also ihr Kind alleine mit und wollte nicht, dass ihr andere dabei helfen. Gott sollte Mitleid mit ihrer hoffnungslosen Lage haben und es ihr wieder lebend zurückgeben. Unterwegs traf sie eine Frau. Diese hatte Mitleid mit ihr und nahm das Kind in den Arm. Eine andere Frau begegnete ihnen, trug das Kind und sagte: „Wo bringst Du es denn hin?! Vergeblich ist Deine Mühe! Das Kind ist bereits tot.“ Die Mutter schrie und weinte, weil sie das Kind tot in ihren Armen liegen sah. Vergeblich zwickte oder schüttelte man es, damit es reagiere, aber es gab kein Lebenszeichen von sich. Sie war schon bereit, weinend mit ihrem toten Kind nach Hause zurückzukehren, weil sie sah, dass es nutzlos sei, den Weg fortzusetzen. Man ermutigte sie und so ging sie weiter in der Hoffnung, Père Charbel werde ihr Kind heilen. Dies geschah in Farchaa, einem Gehöft, das zu Mechmech gehört und eine Fußstunde vom Kloster entfernt liegt.

Marie Chamoun erzählt: „Ich sagte zu der Frau, die das Kind trug: „Vertrauen wir auf Gott, gehen wir zu Père Charbel!“ Am Kloster angekommen, rief ich meinen Cousin Père Élie aus Mechmech.“ Dieser ging dann in den Raum hinunter, in dem der Leichnam lag und sah dort seine Cousine weinend vor dem Sarg knien. Sie war in Begleitung von zwei Frauen, die an der Türe standen. Auf der Altarstufe sah er das Kind liegen.“ Der Pater wandte sich Marie: „Bist Du verrückt? Willst Du die Beerdigung nach hierher verlegen?“ Er berührte Marie dabei, ohne dass sie antwortete. Die beiden Frauen sagten ihm: „Ihre Cousine kam hierher, um den Beistand von Père Charbel für die Heilung ihres kranken Sohnes zu bitten.“ Père Elie trat ein und fand das Kind mit verschlossenem Mund und tot. Er bewegte es mehrmals hin und her, öffnete ihm den Mund, verspürte aber keine Leben mehr in ihm.“  Marie: „Ich sagte dann meiner Begleiterin: „Leg das Kind so auf den Boden, als ob es schon tot sei. Wende sein Gesicht nach Westen, hier am Sarg des Heiligen und denke still bei dir: Falls Père Charbel ein Heiliger ist, wird er das Kind zum Leben erwecken.“ Père Elie erzählt weiter: „Ich öffnete also den Sarg, tauchte die Hand von Père Charbel ins Wasser, nahm das Wasser mit einem Löffel und flößte es erst ein, dann zwei, denn drei Mal in den Mund des Kindes ein. Es schluckte das Wasser und begann zu atmen. Seine Mutter und ihre Begleiterinnen atmeten erleichtert auf.“ Marie fährt fort: „Man gab ihm eine Kerze in die Hand, der Pater gab mir das Kind zurück, ich stillte es, und es trank. Ich begann vor Freude zu weinen und kehrte froh mein Kind streichelnd nach Hause zurück. Ich war in Begleitung der Frau, die mich auf dem Weg unterstützt hatte. Heute ist mein Sohn ein junger Mann voller Leben und Gesundheit.“

 

7) Eine geheimnisvolle Hand

Der Gottesmann Ibrahim Al-Haqlani planierte das Dach seines Zimmers neben dem Kloster von Annaya mit einem Steinzylinder. Als er am Dachende ankam, brach ein gewaltiges Gewitter los und hob das Dach mit dem 40 cm hohen Steinzylinder ab. Seine Mönchsbrüder eilten ihm zu Hilfe. Als sie bei ihm ankamen, waren sie überrascht, als sie ihn gesund und wohlbehalten in Richtung Klosterportal laufen sahen. Erstaunt befragten sie ihn über den Hergang des Unfalls! Er antwortete ihnen: „Als ich mit dem Steinzylinder herunter glitt, schrie ich: „Hilfe, Père Charbel! Mir war, als trüge mich eine Hand, legte mich sanft auf die Erde, wobei sie den Steinzylinder von mir fern hielt.“

 

 

K: In der Kapelle

 

1) Überführung des Leichnams

„Nachdem sich der Ruf der Heiligkeit von Père Charbel verbreitete hatte, strömten die Menschen in großer Anzahl herbei. Ich, Georges Chokrallah, glaubte an seine Heiligkeit und so schuf ich einen Sarg aus Nussbaumholz, der seiner Würde entsprach, und in dem er gegenwärtig aufgebahrt ist.“ Man brachte ihn auf dem Rücken eines Maulesels aus Beirut zum Herbstanfang 1909 herbei und bat die Mönche, ihn an einen entsprechenden Platz zu stellen. So wurde der Leichnam in ein geräumigeres Zimmer gebracht, das südlich vom ersten lag und zwar im Untergeschoß am Südostwinkel des Klosters links vom Portal. Sein Boden ist mit Steinplatten gefliest und ähnelt einem gewölbten Keller. Man legte ihn waagrecht in die Ecke und verschloss den Sarg. Die Nachbarn und die Bauern nahmen an der Überführung teil. Man hatte allerdings nicht veranlasst, ihm eine Gedenktafel auf das Grab zu legen, wie man es auch versäumt hatte, eine solche zu seiner Beerdigung oder Überführung anfertigen zu lassen. „Was ich, Hawchab, hier als Zeuge aussage, stammt aus eigener Beobachtung; denn ich selbst habe an der Überführung in die Kapelle teilgenommen. Wir haben ihm eine Albe angezogen, aber der Körper schied noch immer eine besondere Flüssigkeit aus, die die Albe und die übrigen Kleider durchtränkte. So mussten wir sie von Zeit zu Zeit wechseln. Die Menschen strömten herbei, um ihn zu besuchen, seine Hand zu küssen und um seinen Segen zu bitten, damit er ihre Krankheiten heile und damit sie durch seine Mittlerschaft Anteil am göttlichen Segen erhielten.“

 

2) Die Heilung einer Niere

Hawchab fährt fort: „Nach dem Ersten Weltkrieg fühlte ich einen unerträglichen Schmerz in meiner Hüfte, weswegen ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Ich verbrachte vierzig Tage im Hospital der Amerikanischen Universität. Die Operation mit einem chirurgischen Eingriff zur Entfernung eines Nierensteins war gut gelungen. Nach einem Jahr kamen die Schmerzen an der operierten Stelle zurück. Meine Mutter und meine Schwester Ghalia gingen ans Grab von Père Charbel, wo sie inbrünstig für meine Genesung beteten. Meine Mutter bat einen der Mönche um eine Amulettreliquie vom Leichnam, die ich mir um den Hals legen solle. Der Mönch gab ihr zur Antwort, er gebe mir etwas, das noch wertvoller sei und zeigte ihr einen Stoff, den man unter den Hals von Père Charbel gelegt hatte. Dann hob er seine Hand, goss Wasser in ein Fläschchen und gab es ihr. Als meine Mutter zurückkam, legte ich den Stoff um meinen Hals und trank das Wasser. Drei Tage später träumte mir, man habe mich ins Haus von Père Charbel gebracht, wo ich einen Mönch erblickte, der mich stumm anschaute. Am folgenden Morgen wurde ein Nierenstein, so groß wie eine Bohne, ausgeschieden. Seitdem habe ich keine Schmerzen mehr.“

 

3) Eine unfruchtbare Frau bringt ein Kind zur Welt.

Père Francis Sibrini erzählt: „Als meine Mutter das Kloster Saint-Maron in Annaya besuchte, traf sie unterwegs Nehmé, der seit 27 Jahren mit ihrer Cousine verheiratet war. Sie hatten keine Kinder. Er vertraute meiner Mutter Geld für das Kloster an, um eine Segensgabe von Père Charbel von dort mitzubringen. Hoffte er doch auf ein Kind für sich und sein Frau. Wieder zurück gab meine Mutter Nehmé und seiner Ehefrau eine Reliquie wie die, die sie mir gebracht hatte. In weniger als einem Jahr bekamen sie ihr einziges Kind, dem sie den Namen Tanios gaben.“

 

4) Besuch am Grab

Die Besucher kamen zahlreich und von allen Seiten. Sie vertrauten sich ihm an, denn sie glaubten an seine Heiligkeit und Güte. Die unter ihnen, die Tiere besaßen, gaben welche dem Kloster als Geschenk. Viele Christen und Nichtchristen strömten als Besucher herbei, um von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Nicht wenige unter ihnen setzten ihren Weg, wenn sie auf dem Klostergelände ankamen, auf Hände und Füße gestützt, fort.

 

 

L: Er heilte alle Kranken. (Mt 8,6)

 

1) Die Heilung des Bruders Youssef aus Maïfouq

Während des Essens blieb Bruder Youssef aus Maïfouq ein Knochen im Halse stecken. Er litt eine ganze Woche daran, so dass man den Arzt holen ließ. Nagib Beik Al-Kfoury konnte den Knochen nicht finden. Doch der Bruder litt auch weiterhin darunter. Eines Nachts kam er zu mir, Youssef  Ehmej, und rief: „Hilf mir, fast wäre ich gestorben.“ Ich antwortete ihm: „Mein Bruder. Wie kann ich dir helfen? Nimm das Öllicht und entzünde es am Sarg des heiligen Charbel. Ich hoffe, er wird dich heilen.“ Er ging auf der Stelle weg, zündete die Lampe an, kniete sich nieder und stützte dabei seine Hände auf den Sarg. Da spuckte er und der Knochen kam aus dem Kehlkopf. Er kam und zeigte ihn mir. Er war so lang wie eine Nadel und fein wie ein Faden. Ich habe ihn eine Zeitlang bei mir zu Hause aufbewahrt.“

 

2) Die Heilung von Père Élias aus Ehmej

„Eines Tages verspürte ich, Père Élias Ehmej, während der Nacht, als ich dasaß, einen stechenden Schmerz an meiner rechten Seite, so dass ich ohne Krücken nicht mehr gehen konnte. Ich schaute mir die schmerzende Stelle an und sah, dass mein Fleisch wie von einem Nagel durchbohrt war. Ich erhob mich langsam, hinkte zum Grab von Père Charbel, goss Wasser auf seine Hand und bestrich damit die schmerzende Stelle. Sofort wurde ich geheilt und kehrte ohne Krücken in mein Zimmer zurück.“

 

3) Eine Heilung der Schilddrüse (Mk 1,29-31)

 Père Antonios Alwan erzählt: „Als ich nach Saint-Maron in Qozhaya kam, traf ich Bruder Bartholomée aus Aïto, der an der Schilddrüse erkrankt war und auf dem Sterbebett lag. Ich erzählte ihm vom heiligen Charbel und gab ihm ein Stück seiner Kapuze, das er sich in gutem Glauben auf seinen Kopf auflegte. Am nächsten Tag war er geheilt.“

 

4) Heilung einer Lähmung

Chebli Chebli weiß zu berichten: „Ich hatte eine rheumatische Erkrankung am Knie. Die Krankheit verschlimmerte sich bis zur Lähmung. Mehrere Ärzte behandelten mich, unter anderem die Ärzte Al-Ounaïssi aus Jaj, Najem aus Lehfed, aber ohne Erfolg. So wandte ich mich an Père Charbel um seine Fürbitte. Ich nahm geweihtes Wasser und einen Stoff, der über seinen Körper gelegt worden war. Ich trank das Wasser und legte den Stoff über mein Knie: Gott hat mich geheilt.“

 

5) Die Heilung von Saba Al-Ouwaïni

„Im Mai 1925 verspürte ich, Saba Ouwaïni, einen stechenden Schmerz im Magen. Ich ließ mich drei Mal beim Arzt Gergi Chokrallah behandeln, ohne Erfolg. Er schlug mir vor, ihn nach Beirut zum Röntgen zu begleiten; denn er befürchtete, wie ich auch, es handele sich möglicherweise um Krebs. Ich antwortete ihm: „Lasst uns das bis morgen überdenken!“ Ich verließ ihn und betete inbrünstig zu Père Charbel, er möge mich heilen. Als Gelübde versprach ich dem Kloster zwei Piaster zu spenden. In der Nacht sah ich im Traum Père Charbel bei mir zu Hause. Er verbrannte ein Stück seines Habits, nahm die Asche, schüttete sie ins Wasser und gab sie mir zu trinken. Ich wachte im Morgengrauen auf und hatte große Schmerzen. Ich begegnete meinem Bruder, der sich für die heilige Messe vorbereitete. Ich wollte daran teilnehmen und dann dem Grab Père Charbels einen Besuch abstatten. Die Schmerzen aber ließen es nicht zu, die Messe zu Ende zu hören. Ich beeilte mich in Begleitung meiner Frau, meiner Kinder und Nichten ans Grab zu gehen. Nach dem Gebet und der Weitergabe des Geldes nahm ich von dem Bruder, der über den Leichnam wachen sollte, ein Stück Stoff vom Habit Père Charbels und vollzog nach, was der Traum mir gezeigt hatte. Ich trank also das Wasser. Auf dem Rückweg verspürte ich schon weniger Schmerzen. Ich machte bei meiner Tochter Mariam, Ehefrau meines Neffen Tanios Boutros Moussa, Halt, um mich auszuruhen. Sie schlug mir vor, etwas zu essen; denn seit 17 Tagen hatte ich kaum etwas zu mir genommen. Ich willigte ein und sie gab mir gefüllte Zucchini. Ich aß ein Brot und zwei Zucchini. Dann setzte ich meinen Nachhauseweg fort und ich spürte, wie die Schmerzen bis zum Abend hin immer mehr nachließen. Zu Hause habe ich gut gegessen und verspürte keine Schmerzen mehr.“

 

6) Die Heilung von Père Youssef aus Ehmej

 Père Youssef aus Ehmej berichtet: „Vor mehr als drei Jahren hatte ich ständig Halsschmerzen. Ich wurde abwechselnd von den Ärzten Gergi Chokrallah, Najib Beik Al-Khoury und Jibraël Al-Twaily behandelt. Zwischendurch hatte ich etwas Ruhe, aber die Schmerzen kamen wieder. Eines Tages nahm ich ein Stück von Habit Père Charbels und legte es um meinen Hals. Seit Jahren habe ich nun keine Schmerzen mehr und trage den Schal weiterhin um meinen Hals.“

 

7) Heilung von einem Augenleiden (Joh  9)

„Ich, Youssef Nassif, hatte Schmerzen an meinen Augen und rote Flecken im Auge. Als ich morgens aufwachte, waren meine Augen mit einem Drüsensekret verklebt. Sie öffneten sich erst, nachdem ich sie gewaschen hatte. Meine Sehkraft war aber nicht beeinträchtigt. Die Erkrankung ließ im Winter nach, steigerte sich aber zu Frühlingsanfang bis Ende Herbst und dauerte drei Jahre. Vergeblich konsultierte ich den Arzt Najib Beik Al-Khoury und unterzog mich den Behandlungen von Saba Tannous Moussa. Im selben Jahr machte ich Père Charbel das Gelübde, dass ich, wenn er mich heile, ihm 50 syrische Piaster geben würde, dass ich jedes Jahr einen Tag lang unentgeltlich auf den Besitzungen des Klosters mithelfen und die Kongregation von der Heilung unterrichten würde. Dann machte ich meinen Besuch am Grab, tauchte seine Hand ins Wasser, brachte das Wasser nach Hause und wusch mir zehn Tage lang damit die Augen. Dann verschwand das Drüsensekret. Die Schmerzen gingen zurück. Seit mehr als eineinhalb Monaten nun (1926) habe ich gar keine Schmerzen mehr, aber die Rötung ist geblieben.“

 

8) Heilung einer halbseitigen Lähmung

Moussa Moussa berichtet: „Der Cousin mütterlicherseits namens Gerges Richa aus Ehmej hatte einen Schlaganfall erlitten. Trotz siebenmonatiger medizinischer Behandlung konnte er nicht mehr gehen. Man brachte ihm ein Stück Stoff des Habits von Père Charbel, den er sich um die Hüfte rollte. Sofort verspürte er eine Linderung und wurde nach und nach gesund. Heute ist er völlig geheilt.“

 

9) Die Heilung des Bruders von Mönch Boutros Jawad aus Amchit

„Ich, Frère Boutros Jawad, bekam Krämpfe in den Schultern, so dass ich meine Hände nicht mehr bewegen konnte. Ich ging zum Grab des Gottesmannes Père Charbel, öffnete den Sarg und legte ein Stück Stoff über seine heilige Hand. Mit ihm rieb ich meine Schulter ein und verspürte bald keinen Schmerz mehr.“

 

10) Heilung der Frau von Youssef Al-Khoury aus Amchit

Die Ehefrau von Youssef Al-Khoury aus Amchit litt an einer Muskelverhärtung und an Krämpfen in den Gelenken. Man brachte sie zwei oder drei Mal nach Beirut sogar vor eine Ärztekommission, die den Fall besprach. Aber vergeblich. Als Père Youssef Ehmej sie einmal besuchte, teilte sie ihm ihre Lage mit. Er sagte ihr: „Ich werde Ihnen ein Stück von der Albe Père Charbels schicken und hoffe, Sie werden wieder gesund. Sie und ihre Eltern sagten mir, das Auflegen des Stoffs sei die rechte Behandlung, um wieder gesund zu werden.“

 

 

M: Charbels persönliche Gegenstände

 

1) Das Zilizium und das Weihwasser von Charbel

 Frère Boutros Jawad Mechmech berichtet: „Ich nahm das Zilizium, das er in der Einsiedelei getragen hatte und teilte es stückweise als Reliquie aus, durch die sich in der Folgezeit Heilungen von verschiedensten Krankheiten ereigneten.“ Und Iid Nakad ergänzt: „Wir haben noch immer das Wasser aufbewahrt, das er zu seinen Lebzeiten gesegnet hatte und das wir bis heute trinken. Es ist als wertvoller Schatz in Bqaakafra geborgen.“

 

2) Wir sind nachlässig mit Père Charbel umgegangen.

„Von seinen abgetragenen Kleidern und vom Gewebe aus Ziegenhaar, auf dem er schlief, ist nichts mehr vorhanden. Das war schon alles, was von seinen Sachen übrig geblieben war. Seine Klosterzelle hätte, soweit sich die Mönche noch daran erinnern, ganz ihm geweiht sein können. Jetzt steht sie leer und man benutzt sie als Remise für Holz und altes Zeug, so dass ein Pferdestall sauberer erscheint als dieser Raum. Ich, Père Youssef Ehmej, glaube, man kann sich über uns beim Betreten dieser Zelle zu Recht mockieren, weil wir so nachlässig mit Père Charbel umgingen. Was seine Zelle in der Einsiedelei angeht, so ist sie meiner Ansicht nach in keinem besseren Zustand.“ „Man findet dort, so Frère Boutros Maïfouq, kein Erinnerungsstück an ihn, keine Erwähnung seines Namens, keinen Habit – weder im Kloster noch in der Einsiedelei. Niemand, bis auf die Mönche, seine Zeitgenossen und Zeitzeugen, weiß um seine Räume. An diesen Orten weist nichts auf seinen Namen hin: Wenn man sich seiner erinnert, dann nur durch die, die ihn zu seinen Lebzeiten oder nach seinem Tod gekannt haben.“

Und P. Nemtallah Mechmech ergänzt: „Ohne die Schiiten hätten die Mönche ihm wahrscheinlich nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Die meisten von ihnen sind schlichte Leute, sie und ich.  Denn wir sind unserer Pflicht gegenüber Père Charbel nicht nachgekommen und haben die feinen Tugenden und Aufsehen erregenden Wunder Père Charbels nur skeptisch betrachtet. Der Beweis für unsere Nachlässigkeit ist das Fehlen von Kleidungsstücken oder von irgendetwas, das an ihn erinnern könnte.“

 

3) Heilsamer Segen durch seine Reliquien

„Ich, Père Francis Sibrini, sah oft, in welch gutem Zustand sich sein Körper befand. Aber die Besucher haben sich an einem Teil seiner Hände und an seinen Fingernägeln zu schaffen gemacht. Sie rissen welche aus und brachten sie als Reliquien nach Hause. Auch von seinen Haaren und seinem Bart ist nur wenig geblieben, weil die Pilger sie ausgerissen hatten.“ Gerges Sassine ergänzt: „Als ich einmal seine lichten Haare und die wenigen Barthaare sah, bat ich um eine Erklärung. Man gab mir zur Antwort: Wer zu Besuch kommt, reißt ein Haupthaar oder ein Barthaar als Reliquie aus. Und Georges Chokrallah: „Soweit ich weiß, habe ich die Mönche nur ein Mal um eine Reliquie des Heiligen gebeten, so sehr hatte ich Ehrfurcht vor ihm. Man gab mir dann ein Stück vom Habit, den er getragen hatte. Die Spuren der ausgetretenen Flüssigkeit waren noch zu sehen. Die Besucher, die sie um eine Reliquie baten, erhielten ein Stück Habit, den er in seinem Sarg trug. So mussten ihn die Mönche häufiger umziehen, mindestens jede Woche ein Mal.“

 

 

4) Die Besucher

Als die Visitatoren des Apostolischen Stuhls kamen, waren sie verwundert und sagten, sie hätten noch nichts Vergleichbares gesehen. Sie knieten sich am Sarg nieder und beteten. Pilger knieten vor dem Sarg, beteten und flehten innigst um einen Segen. Man gab ihnen dann ein Stück vom Habit, in den sein Körper gewickelt worden war, oder aber Wasser, das seine Finger berührt hatten, oder Weihrauch. Niemand nahm etwas vom Körper selbst. Aber Frère Boutros Eliane Mechmech weiß zu berichten: „Ich gab niemandem etwas davon weiter. Und dennoch rissen ihm einige Mönche, die auf Besuch waren, einige Kopfhaare aus, weswegen ich protestierte und den Sarg schloss. Die Mönche gaben den Besuchern, aber nur auf ausdrücklichen Wunsch hin, einige Stücke von den Gewändern, die seinen Körper bedeckt hatten.“ Manchmal waren die Gastmönche auch lästig; denn man musste genau auf sie aufpassen. Sie waren eifrig darum bemüht, als Gäste in diesem abgelegenen Kloster leben zu dürfen, was für die Mönche ihres Klosters wiederum besondere Anstrengungen und Ausgaben verursachte.       

 

 

 

N: Doktor Georges Chokrallah

 

1) Vorstellung

„Doktor Chokrallah ist ein alter Freund von mir, Père Youssef  Ehmej. Er war herzkrank. Vor zwanzig Jahren hielt er sich im Sommer in meinem Haus in Al-Ouwainy auf, wo er sich erholen wollte. Er besaß eines meiner Grundstücke, auf das er einen Sommersitz baute. Gelegentlich lernte er auch die Mönche kennen und nahm sich ihrer Gesundheit an. Charbels Körper hat er genauestens untersucht und sagte mir unter anderem: „Dieser Fall übersteigt alles Natürliche. Er ist eher göttlichen Ursprungs.“ Er machte im Jahr 1891 seinen Doktor in Chemie und in Pharmazie. 1907 begann er sein Medizinstudium.“

 

2) Ich war verblüfft!

Georges Chokrallah berichtete: „Als ich ihn zum ersten Mal sah, war ich über die Maßen erstaunt. Denn als Arzt hatte ich nie zuvor einen ähnlichen Fall gesehen oder von einem ähnlichen Fall gehört oder in medizinischen Fachbüchern gelesen. Ich habe ihn aus rein wissenschaftlichem Interesse untersucht und wollte das Geheimnis dieses Körpers ergründen. Nach einer Allgemeinuntersuchung fand ich den Körper völlig unversehrt vor, einige seiner Muskeln waren noch beweglich und ein Teil seiner Gelenke war biegbar. Auch ein Teil seiner Haare und seines Bartes war erhalten, obwohl sich einige Besucher das Recht genommen hatten, sie als Reliquien zu verwenden. Seine übrigen Organe waren bis auf sein Auge unbeschädigt. Es war durch das Wasser, das im Grab auf das Auge getropft war, in Mitleidenschaft gezogen worden und war etwas verformt. Was den Bauchraum angeht, so glich er denen anderer Leichname, also ohne eine offensichtliche Beschädigung. Ich konnte nicht feststellen, dass er geöffnet worden war, nur, dass er mit der Zeit langsam ausgetrocknet war.“

 

3) Nässende Wundsekrete

Er fährt fort: „Das seltsamste Phänomen, das mich perplex machte, waren die für mich gut sichtbaren Flecken auf seinen weißen Gewändern. Sie rührten von einer dickflüssigen Substanz aus seinen Poren her, deren Farbe und Dichte einem normalen Plasma entsprechen, wenn es aus den Wunden lebender Körper hervorsickert. Was den Geruch angeht, so ähnelt er dem Geruch von Wundsekreten, die bei Krankheit aus dem Körper ausgeschieden werden.“ Frère Boutros Jawad Mechmech ergänzt: „Der Geruch war nicht abstoßend. Es roch eher nach Schimmel. Der Körper war beweglich wie im Augenblick des Todes. Er schied Schweiß aus, den man mit Taschentüchern abwischte. Diese bewahrte man als Reliquie auf. Ich habe selbst ein Fläschchen damit gefüllt wie es auch die Leute taten, die sich davon holten, um geheilt zu werden. Da ich mit der Aufsicht über den  Leichnam beauftragt war, sah ich die Ausscheidung und nahm den Geruch wahr. Ich wischte den Schweiß und das Blut ab.“

 

4) Der rätselhafte Körper

Der Anwalt im Seligsprechungsprozess fragte Georges Chokrallah: „Waren es natürliche Ursachen wie die eisige Kälte, zuviel Feuchtigkeit oder dem Tod vorausgegangene Ursachen wie die Enthaltung von Fleisch, die geringe Nahrungsaufnahme, das Abtöten des Körpers, die vegetarische Ernährung, die die Konservierung des Körpers nach dem Tod bedingt haben?“ Er antwortete: „Diese Ursachen kann ich persönlich experimentell nicht nachprüfen, aber ich habe auch nicht gelesen, dass solche Bedingungen einen Einfluss ausüben könnten. Nachdem ich den Körper untersucht hatte, wandte ich mich an kompetente Ärzte in Beirut, wie auch in Europa, wohin ich mehrmals reiste. Niemand konnte mir in dieser Sache einen Rat geben. Der Fall dieses Körpers ist einmalig. Kein Mediziner hat Ähnliches beobachten können. Niemand konnte mir zudem sagen, ob ein solcher Fall schon je in der Medizingeschichte nachgewiesen worden ist. Ich setze meine Forschungen ständig fort, um letztendlich in Erfahrung bringen zu können, ob es je eine vergleichbare Ursache gegeben hat, durch die ein Körper unter solchen Umständen konserviert worden ist.“.

 

 

 

5) Unmöglich!

Man hat ihn auch gefragt: „Glauben Sie, dass dieser Leichnam natürlicher oder übernatürlicher Art ist? Können Sie sich nicht vorstellen, dass es einem erfinderischen Mönch gelungen sein könnte, ein Medikament zur Konservierung dieses Körpers zu erfinden?“ Er gab zur Antwort: „Meine persönliche Überzeugung basiert auf meinem Studium und meiner Erfahrung. Nachdem ich den Körper nun schon seit siebzehn Jahren (seit 1909) zwei oder drei Mal jährlich untersucht habe, würde ich sagen, dass dieser Körper durch eine übernatürliche Kraft erhalten geblieben ist. Bezüglich der Vermutung, ein Mönch habe ein Medikament zu einer derartigen Konservierung dieses Körpers entwickelt, möchte ich folgendes sagen: Zum Einen hätte der Erfinder dieses erstaunlichen Phänomens, falls es wahr wäre, die Bewunderung und den Beifall der ganzen wissenschaftlichen Welt verdient und überträfe darin sogar Louis Pasteur. Andererseits machen die Ärzte bereits jetzt alle Anstrengungen, den menschlichen Körper zu erhalten. Aber alle Anstrengungen endeten bei höchstens zwei Wochen. Dann beginnt der Körper zu riechen. An die Absonderung einer Flüssigkeit hätten die Ärzte am allerwenigsten gedacht. Dazu kommt die Unmöglichkeit, dass ein von Ärzten sozusagen mumifizierter Körper eine Flüssigkeit absondern könnte. Jeder weiß doch, dass der gesunde Körper eines lebenden Menschen fünf Liter Blut mit höchstens drei Liter Plasma enthält – 60 Prozent also, die restlichen 40 Prozent enthalten Salzkristalle, Blutkörperchen und feste Stoffe. Wenn der Körper nach dem Tod das natürliche Plasma absondert, und wenn die Poren zwei oder ein Gramm täglich absondern, so folgt daraus, dass die abgesonderte Menge Plasma die im Körper im Augenblick des Todes gespeicherte Menge übersteigt. Im Übrigen hätte acht Jahre nach seinem Tod die Menge an Plasma verschwunden sein müssen, sofern sie nicht aufgefangen worden ist und sich nicht verflüchtigt hat. Ich habe also festgestellt, dass der Körper mehr als ein Gramm davon täglich absondert, denn die Sekretionshäufig-keit wäre gering, wenn der Körper täglich ein einziges Gramm ausscheidet.

Auf den zweiten Punkt antworte ich mit einer Frage: „Wer kennt wohl besser als ich die mangelnde Bildung der Mönche speziell auf medizinischem Gebiet, insbesondere jener Mönche, die ihren Tag auf den Feldern mit Gebet und Arbeit verbringen. Meiner Ansicht nach dürfte das schlichte Leben der Mönche, ihr Selbstverzicht, ihre mangelnde Sorge um die Körperpflege eher den Verfall des Körpers begünstigen, es sei denn, eine übernatürliche Kraft hätte ihn in Schutz genommen.

Ich habe auch hinzugefügt, dass ich während des Krieges Menschen vor Hunger habe sterben sehen, nachdem sie lange Zeit nichts zu sich genommen hatten. Ihre Bäuche waren leer und ausgetrocknet, und ihre Körper bauten schon sieben Stunden nach dem Hinscheiden ab. So auch bei den Typhuskranken, die 25 Tage nur mit Wasser überlebt haben, das vom Körper wieder ausgeschieden worden ist. Wenige Stunden nach ihrem Tod zersetzten sich nach und nach ihre Körper. Auch Kälte, Wasser, Feuchtigkeit und Hitze tragen dazu bei, den Körper verwesen zu lassen. Diese Elemente haben keine stützende, sondern eher eine auflösende Wirkung auf den Körper. All diesen Phänomenen war der Körper von Père Charbel ausgesetzt. Vorausgesetzt, die Mönche hätten die alte ägyptische Methode der Mumifizierung für sich entdeckt, wie hätten sie den Körper dazu stimulieren können, dass er diese Flüssigkeit absondert? Kurzum: Der Körper von Père Charbel blieb dank übernatürlichen Eingreifens unbeschadet, und ich bin bereit, die Summe von 10 000 Francs, eine für mich unerhört hohe Summe, als Preis dem zu zahlen, der es versteht, einen Leichnam auf gleiche Weise zu konservieren.“

 

6) Dies ist medizinisch nicht zu machen.

Der Anwalt im Seligsprechungsprozess fragte ihn: „Könnte dieses Sekret nicht auch von einer Zuführung von Plasma in den Körper mittels einer Spritze resultieren?“ Er antwortete: „Das ist medizinisch nicht zu machen; denn das Plasma befindet sich bereits im menschlichen Körper und ist kein pharmazeutisches Produkt. Darin kenne ich mich gut aus; denn ich habe vor meinem Medizinstudium Pharmazie studiert und mein Diplom an der Universität von Lyon erworben. Wer wäre in der Lage, 27 Jahre lang Blut zu spenden, um es dann in den Körper von Père Charbel zu injizieren? Und, was noch mehr zählt, Blutplasma zu extrahieren, kann nur von Spezialisten vorgenommen werden, die dazu die nötigen Instrumente haben. Wenn dies geschehen wäre, so hätte man keinen Mantel des  Schweigens darüber gelegt. Wer unter den Mönchen, die für ihre Schlichtheit allgemein bekannt sind, wäre selbst dann, wenn er das Plasma erhielte, in der Lage, damit umzugehen? Gehen wir einmal davon aus, all dies stünde zur Verfügung, könnte man unmöglich eine Spritze 27 Jahre lang vom Tod angerechnet in den Körper einführen. Dies wäre bereits einen Monat nach dem Tod unmöglich; denn die Venen und Arterien, die mit dem Plasma gefüllt werden müssten, trocknen kurz nach dem Tode aus. Selbst die Poren des Körpers sind verschlossen, so dass nichts nach außen treten kann.“

Man hat ihm auch die Frage gestellt: „Kann das Entfernen von Herz und Leber zu diesem Phänomen führen, oder was hätte dies zur Folge?“ Er antwortete: „Nichts Derartiges könnte ein solches Entfernen bewirken. Die Extraktion des Magens, mit dem das Verwesen beginnt, könnte den Prozess für eine gewisse Zeit verzögern.“

 

 

O: Weitere Untersuchungen

 

1)Dinge, die es in der Medizin nicht gibt

„Im Jahre 1901 wurde ich, Père Youssef Ehmej, zum Oberen des Klosters Saint-Maron in Annaya ernannt. Der Leichnam von Père Charbel ruhte in einem Sarg in der Ecke der Kirche. Wegen der fortgesetzten Absonderung der Flüssigkeit rief ich die Ärzte Georges Chokrallah, ein Freund von mir und Nachbar meines Vaters, dann Najib Beik Al-Khoury aus Ehmej, Wakim Nakhlé aus Jbeil, einen armenischen Arzt. Sie alle sind bereits verstorben. Als sie kamen, brachten sie den Leichnam in ein Nebenzimmer des Klosters in der Nähe der Kirche. Sie legten ihn auf ein Tuch über einem Tisch, und jeder untersuchte ihn getrennt vom anderen. Ich selbst war in Begleitung von Saba und verblieb mit ihm im Zimmer. Sie öffneten ihm den Bauchraum unterhalb der Brust bis zur Bauchmitte hin, um die Herkunft des Sekrets zu finden. Nach genauester Untersuchung des Körperinneren, legte man ihm die Kleider wieder an. Beim Hinausgehen hörte ich, wie sie sich über das Sekret unterhielten. Doktor Chokrallah sagte: „Ich gebe demjenigen 50 ottomanische Pfund, der mir die Substanz und die Herkunft des Sekretes erklären kann.“ Doktor Najib Beik Al-Khoury sagte: „Mir ist das ein Rätsel.“ Ebenso äußerte sich auch der armenische Arzt. „Auf meine Frage konnten sie mir“, so Père Youssef Ehmej, „keine fachliche Antwort geben.“ Der Arzt Gerges Chokrallah sagte: „Fragen Sie uns nicht nach himmlischen Dingen, die es in der irdischen Medizin nicht gibt.“

 

2) Ungelöschter Kalk

„Als ich, Père Youssef Ehmej, im Jahre 1910 zum Oberen dieses Klosters ernannt wurde, teilte man mir mit, der Arzt Najib Beik Al-Khoury sei gerufen worden, um den Leichnam zu untersuchen. Nach der Untersuchung ordnete er an, man solle, nachdem der Körper aufrecht in einem Schrank stand, unter seine Füße ungelöschten Kalk streuen, der das Blut und das abgesonderte Plasma aufsauge, um den Körper austrocknen zu lassen. Nach geraumer Zeit fand dieser Mediziner, der nur dem Namen nach ein Maronit war, den Körper unverändert vor. Er ließ also den Kalk unter seinen Füßen entfernen und sagte: „Ich habe Kalk verwendet, weil ich glaubte, er würde den Körper verwesen lassen. Aber er bleibt vollständig erhalten dank einer Kraft, die jenseits wissenschaftlicher Erkenntnis liegt. Wahrscheinlich liegt es an der Heiligkeit von Père Charbel.“

 

3) Der Mediziner Élias Al-Anaïssi

Élias Al-Anaïssi erzählte: „Ich habe im Kloster von Annaya den Leichnam von Père Charbel gesehen. Als ich näher herantrat, roch ich den Geruch eines Körpers, den ich nicht zu beschreiben vermag. Der Geruch ähnelt dem ausgeatmeten Atem eines lebenden Menschen. Nachdem ich ihn untersucht und genau angeschaut hatte, sah ich eine Substanz, die von den Poren abgesondert wurde. Ein seltsames und wissenschaftlich nicht zu erklärendes Phänomen in einem seit vielen Jahren leblosen Körper! Ich wiederholte meine Untersuchungen mehrmals zu verschiedenen Zeitpunkten – der Körper blieb so, wie er war.“ Unterzeichnet am 16.10.1926.

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4) Die Untersuchungen von 1927

Alle Zeugen gingen hinaus und die Schiedskommission blieb allein, um den Leichnam zu untersuchen. Er sah gelblich-rot aus. Die Haut war zum größten Teil ausgetrocknet, aber noch zart auf den Händen und dem Rücken. Die Muskeln waren ebenfalls ausgetrocknet und unter der Haut gut sichtbar, die, obwohl sie hart war, aus farblich nicht sichtbaren Poren ein festes Plasma ausschied, dessen Geruch verwesendem Plasma ähnelte. Diese Substanz verwest dann, so scheint mir, wenn sie aus den unsichtbaren Poren hervortritt. Ein nicht geringer Teil seiner Kopf- und Körperhaare war noch überall erhalten oder wuchsen im Körper noch weiter wie auch auf der Brust, dem Bart, dem Kopf und auch auf den Händen. Sie waren fest angewachsen wie bei einem lebenden Körper. Man sah den Hals mit seinen Knochen, einen Knorpel mit Haut wie bei einem toten Körper. Die Augen und die Nase waren verformt wegen des vom Dach hereintropfenden Regens. Die Knochen waren gut erhalten, sogar die Fingernägel. Die Gelenke waren wendig und biegsam. Die Brust und der Rücken glichen  dem eines Körpers nach dem Eintritt des Todes. Der Bauchraum war eingeschrumpft. In ihm sah man eine zehn Zentimeter lange, von einem menschlichen Eingriff herrührende Narbe, die sich vom unteren Brustbein bis zum linken Oberschenkel erstreckte. Auf dem Bauch zeigten sich die Abdrücke eines Eisengürtels, die sich von der übrigen Hautfarbe deutlich abhoben – vielleicht ein Hinweis darauf, dass Père Charbel einen mit Stacheln versehenen Eisengürtel trug. Das Geschlechtsorgan war noch gut sichtbar. Die Knie trugen die Spuren einer Hornhaut, die auf sein langes Knien hindeutet. Die Fußsohlen und Hände vor allem auf der linken Seite, wie auch die Glieder, die dem Sehen und Berühren der Besucher am meisten ausgesetzt waren, zeigten Ritzungen, die wahrscheinlich von Menschenhand herrühren. Das unter der Haut sichtbare Fleisch ist rötlich-weiß. Über dem Hinterkopf und am unteren Schädelrand befindet sich eine 4 cm lange und 1 cm breite, von einem Messer herbeigeführte Öffnung. Alle Missbildungen am Körper sind von Menschenhand verursacht, bis auf die Augen und die Nase, die durch eintropfendes Wasser verformt worden sind. Der Mediziner Georges Chokrallah hat den Leichnam von links nach rechts und von der Mitte zur Brust hin geöffnet. Man hat den Bauch, in dem sich nur noch sehr wenige Eingeweide befanden, noch einmal geöffnet und die Gedärme, den Magen und die Leber herausgenommen. Was die Haut angeht, so sind ihre verschiedenen Schichten geschmeidig und gut erhalten. Man hat die Haut aufgeschnitten. So konnte die Kommission sehen, dass ihre Schichten noch heil und unverwest waren, gleich jenen eines vor zwei Tagen geschlachteten Lebewesens.“

 

 

P: Bis in die fünfziger Jahre hinein

 

1) Die Überführung des Leichnams

„Im Jahre 1927 war ich, Père Youssef Ehmej, Mitglied der Klostergemeinschaft, als der Heilige Stuhl anordnete, man solle den Leichnam in ein Grab ebenerdig, in der Innenwand des Klosters neben dem Portal, nach Süden hin verlegen.“ Früher diente der Raum als Hühnerstall. Man hat die vier Mauern mit Sand und Kalk verputzt und mit Zementpapier überdeckt. Eine leichte Schicht desselben Verputzes bedeckte den Erdboden. Dann hat man die Mauern und die Decke gekalkt. So ist die „Mansarde“ zu einer Grabstätte geworden. Dort bewahrte man den Leichnam von 1927 bis zum April 1950 auf. Die Grabplatte zeigte die folgende schlichte Inschrift: „Hier ruht Père Charbel.“

 

2) Das Sekret tropft aus der Mauer.

Im Februar 1950 beobachteten einige Besucher, dass im unteren Teil der Mauer, wo sich der Sarg befand, Feuchtigkeit austrat. Sie benachrichtigten den Oberen, der zusammen mit den Mönchen vermutete, dass Regenwasser ins Innere des Grabes eingedrungen sein könne und den Leichnam beeinträchtige. In der Nacht nahmen der Obere mit den Mönchen und zwei Bediensteten zwei oder drei Steine heraus und öffneten das Grab, das völlig trocken war. Als man den Sarg öffnete, der mit Zink verkleidet war, fanden sie die durchfeuchtete Kleidung, den in Mitleidenschaft gezogenen Sarg und die Flüssigkeit, die aus dem eingeschlossenen Körper hervortropfte. Diese hat das Zink zum Rosten gebracht. Das Wasser hatte sich ausgebreitet und war durch das Mauerwerk hindurch gedrung-en. Sie schlossen das Grab wieder, nachdem sie den Leichnam mit einem weißen Tuch, das Körper-spuren zeigte, getrocknet hatten. Damals war Frère Boutros Jawad Mechmech Ordensgeneral. Er warf dem Oberen des Klosters vor, dass er diese Entscheidung getroffen hatte, ohne seine Zustimmung einzuholen. Dieser entschuldigte sich und sagte, er wollte nur der Herkunft der Flüssigkeit auf den Grund gehen, weil er befürchtete, sie dringe von außen ein und beeinträchtige so den Leichnam.“

 

3) Die Version von Emmanuel Gerges Emmanuel

Père Boutros Damien Mechmech berichtet: „Der Generalobere ordnete an diesem Tag an, eine Türe zur Kirche hin zu öffnen, durch die Frauen einen Zugang haben könnten; denn der Zutritt war ihnen verwehrt. Der Obere Boutros Abi Youness bat mich Anfang Februar 1950 darum, die Ausgrabungsarbeiten entsprechend der Anweisung zu beginnen. Ich fragte ihn: „Kann ich so graben, dass ich ins Innere hineinschauen kann?“ Er gab mir zur Antwort: „Mach, wie du denkst!“ „Ich begann also die Steine abzutragen. Im Übrigen hatten wir anfangs das Projekt nur in Angriff genommen, um zu überprüfen, ob die Feuchtigkeit seinem Leichnam geschadet habe. Dann trat ich mit der Laterne in der Hand ein und sah, wie Flüssigkeit aus dem Sarg tropfte und eine Lache bildete. Ich bat ihn, das kleine Taufgefäß mit Tüchern zu holen. Ich kehrte dann zurück, um alleine den Sargdeckel zu heben. Vor mir lag ein Mensch! Ja, ein Mensch! Ein toter Mensch. Seine Hand geschmeidig, deshalb wagte ich es, sie zu küssen. Seine Hände schieden Flüssigkeit aus, als handele es sich um einen lebenden Menschen, der schwitzte. Ich wischte ihn dann ab, dann floss das Sekret reichlicher. Ich schnitt von seinem Fleisch ein Stück von 20 cm Länge auf 5 cm Breite aus. Dann nahm ich noch ein zweites Stück, das kleiner als das erste war und steckte es in meine Tasche. Auch riss ich zwei Eckzähe und einen Zahn aus.

Am Tag nach unserer Ankunft in Beirut kamen Menschenmassen nach Annaya, und wir fragten uns, wie sie haben wissen können, was sich ereignet hatte. Sie kamen zu Tausenden, und viele Wunder und Heilungen geschahen auf die Fürsprache von Père Charbel, von denen auch die Presse berichtete und die in den Registern des Klosters verzeichnet sind. Bis heute kann jeder, der das Kloster betritt, neben dem Portal einen Raum voller Krücken sehen, die Gelähmte hier zurückgelassen haben, nachdem sie auf die Fürsprache des heiligen Charbel geheilt worden sind.“

 

4) Das Grab wurde erneut geöffnet.

Damals wurde ein Antrag an den Patriarchen mit der Bitte gestellt, Seine Seligkeit solle eine Ärztekommission zur Untersuchung des Leichnams bilden. Die berufenen Ärzte waren: Youssef Hitti, Chikri Milane und Théophile Maron. Am 22. April desselben Jahres 1950 kamen die Kommission und der Ordensgeneral mit den Prälaten, dem Vikar des Patriarchen Aql und einer zahllosen Menschenmenge unvermittelt zusammen. Dazu kam der Anwalt für den Seligsprechungsprozess Abbé Mansour Awad. Das Grab wurde in Anwesenheit von Frère Boutros Jawad Mechmech geöffnet. Der Sarg wurde in der Kirche aufgestellt und die Ärzte öffneten ihn in Anwesenheit aller erwähnten Personen. Sie fanden darin die durchfeuchteten Kleider, die Matratze, das Kopfkissen und die Meßgewänder. Einige abgetragene Kleider befinden sich noch immer im Kloster Saint-Maron und werden dort aufbewahrt. Die Ärzte überprüften, dass das Wasser nicht von außen, sondern aus dem Körper Père Charbels kam. Sie entnahmen eine kleine Probe vom Körper, um sie im Labor zu untersuchen. Zudem verfassten sie einen minutiös abgefassten Bericht von all ihren Beobachtungen. Dieser Bericht könnte auch im Anschluss an die zweite Untersuchung im August 1950 verfasst worden sein.

 

5) Untersuchung des Leichnams und Schließen des Grabes

„Nach der Untersuchung des Leichnams“, so Père Élias Ehmej, „zog man ihm neue Kleider an, auch ein anderes Messgewand und legte ihn in den Sarg zurück. Dann legte man ihn ins Grab, dessen Zugang man nach Versiegelung des Sarges mit Steinen und Beton verschlossen hatte. Die ausgetauschten Kleidungsstücke vertraute man dem Anwalt für den Seligsprechungsprozess an. Zudem gab man ihm etwas Erde, die vom Sekret des Körpers durchtränkt war. Im August 1950 öffnete man erneut das Grab und untersuchte es vor einer Klerikerkommission unter Bischof Boulos Aql, dem Seligsprechungsanwalt, dem Pfarrer Mansour Awad, dem Pfarrer und künftigen Bischof Abdallah Njeim. Auch ich war anwesend zusammen mit dem Generaloberen, meinen Beratern, Priestern und Mönchen. Die Ärztekommission umfasste die oben erwähnten Ärzte. Dazu kamen Merched Khater von der medizinischen Fakultät aus Damaskus, einem armenischen Arzt, der eigens aus Ägypten angereist war, um den Leichnam zu untersuchen, der Mediziner und damalige Gesundheitsminister Élias Al-Khoury und andere. Anwesend waren auch der Bürgermeister von Kesrouwan Toufiq Haidar, der Begleiter des Präsidenten der Republik Mansour Lahhoud, die Gemahlin des Ex-Präsidenten Madame Laure Khoury und andere.

Nachdem man in der Kapelle den Eid abgelegt hatte, öffnete man vor der ganzen Versammlung das Grab und holte den Sarg hervor. Dann betraten die Mediziner das Grab, an ihrer Spitze der Mediziner Mourched Khater, man prüfte das Mauerwerk, das sich als trocken erwies und man überprüfte, ob es dicht war. Sie fanden bei den Füßen ein bordeauxfarbenes Sekret auf dem Sarg. Sie öffneten den Sarg, sahen das Messgewand, die Matratze und die Kopfkissen, die allesamt vom abgesonderten Plasma durchtränkt waren. Auf der Kapuze sah man Schimmel. Der Körper war noch immer in demselben intakten Zustand. Der Mediziner Théophile Maron schnitt von der Brust ein kleines Stück ab und legte es in ein Glasfläschchen. Die Mitglieder der Kommission und alle Versammelten sahen, wie das Plasma an den vier Schnittstellen hervortrat. Dann wechselte man seine Kleidung und das Messgewand, die Matratze und das Kopfkissen. Man versiegelte den Sarg, stellte ihn ins Grab zurück und verschloss es wie zuvor. Es wurde ein genauer Bericht von der Untersuchung abgefasst, der von den Medizinern und der Klerikerkommission unterzeichnet wurde. Eine Kopie davon wurde in den Sarg gelegt, eine andere dem Anwalt des Seligsprechungsprozesses übergeben. Ich erinnere mich jetzt auch daran, dass am Tag der Sargöffnung, am 23. April 1950 also, das Metallgefäß mit dem Bericht anlässlich der Überführung des Sarges im Jahres 1927 beschädigt war und beim Berühren in Stücke ging. Was den Bericht selbst angeht, so war er nur an den Rändern beschädigt, die vom Plasma berührt worden waren. Es hinterließ dort kastanienfarbene Flecken.“

 

6) Öffentliche Präsentation des Leichnams und Besuche

Die Überführung des Leichnams geschah auf ein kirchliches Dekret hin. Bei der letzten Überführung gab man die Erlaubnis, den Leichnam auszustellen. Père Antonios Aaloune bat um die Erlaubnis, ihm die Hand zu küssen, nachdem er ihm zwei Jahre lang gedient hatte. Der Bischof Abdallah Njeim als höchster Delegierter des Patriarchen wehrte sich dagegen mit der Bemerkung: „Der Sarg ist verschlossen und man kann ihn nicht öffnen.“ Der Deckel war aus Glas.

Der syrisch-katholische Patriarch kam mit seinen Bischöfen zu Besuch. Dazu kamen Bischof Njeim Aql und andere maronitische Bischöfe. Patriarch Antoun Arida begab sich ins Kloster und zelebrierte anlässlich des Patroziniums die heilige Messe in der Einsiedelei Saints-Pierre-et-Paul.

Menschen aller sozialen Schichten strömten herbei: Bedeutende und Unbedeutende, Analphabeten, gebildete Christen und Nichtchristen. Sie kamen aus dem Libanon, den arabischen Ländern, aus Europa, Amerika und aller Herren Länder. Ein Großteil von ihnen war von verschiedenen Krankheiten gezeichnet. Es gab Behinderte, die um göttlichen Beistand flehten. Darunter waren auch die beiden Kardinäle Tabbouni und Agajanian und eine Vielzahl von Klerikern, darüber hinaus der Präsident Béchara Al-Khoury, Minister, Abgeordnete, Staatsmänner aller christlichen und nichtchristlichen Konfessionen. Unaufhörlich strömen die Menschen zu seinem Grab, vor allem an den Sonn- und Feiertagen. Sie alle sind angesichts der vielen bereits geschehenen Heilungen vom Glauben an die Heiligkeit Père Charbels und an die Wirksamkeit seiner Fürsprache bei Gott überzeugt. „Ich glaube nicht“, so Père Boutros Damien Mechmech, „dass eine gezielte Werbekampagne die Menschen ans Grab hätte führen können.“

 

Q: Charbels Bildnis

 

1) Zeugnis des Bruders Élias Nouhra aus Éddé

Frère Nouhra Eddeh erzählt: „Am Montag, den 8. Mai 1950, am Fest des Evangelisten Johannes, des Patrons unserer Kongregation der Missionare des Libanon, ging ich auf Weisung des Präfekten der École des Apôtres nach Jounieh. Zusammen mit dem Pater und künftigen Bischof Youssef Meri, der das Kloster Saint-Maron in Annaya besuchen wollte, mit Pater Boutros Chalhoub, Pater Sassine Zaidan, Professbrüdern, Novizen, Scholastikern und Bediensteten – wir waren insgesamt 40 in einem Schulbus – kamen wir zur Mittagszeit an und besuchten die Kirche, Charbels Grab und das Kloster. Die Menschenmenge war nicht zu zählen. Kranke und Behinderte waren überall zu sehen, und die Gebete in der Kirche nahmen kein Ende. Die Menschen nahmen daran mit Inbrunst und Begeisterung teil. Wir haben unsererseits die Andacht zum heiligen Maron und dann zum Heiligsten Altarsakrament gefeiert. Danach stieg ein Teil unserer Gruppe zur Einsiedelei Saints-Pierre-et-Paul hoch. Dort wollte ich für einige Brüder in meiner Begleitung ein Photo machen. Unter ihnen war der Novize Youssef Antoun aus Ebrine, rechts von ihm der noch studierende Bruder Hanna Ghosn aus Dar Baachtar, hinter ihm ein Baum, der an die Einsiedelei angrenzte, rechts ein junger Mann namens Youssef Challita Tannous aus Hawqa, der zu Besuch in der Einsiedelei war. Rechts von ihm stand der Bruder Boulos Yazbek aus Qartaba, vor ihm sitzend Père Elias Abi Ramia aus Ehmej, der Verantwortliche für die Einsiedelei. Das Photo wurde mit der Kamera Marke „Kodak Broni“ gemacht. Am 9. Mai haben wir den Film entwickelt. Und siehe, vor dem jungen Mann zeigte sich das Bild eines ehrenwerten Mönchs, von dem man den Kopf sah, mit weißem Bart, Kapuze auf dem Haupt und seine rechte Hand mit Fingern, die geschwärzt waren wie die Finger einer Mumie. Sein Körper war durchscheinend. Er trug eine schwarze Mönchskutte, wie sie alle libanesischen Mönche tragen. Hinter ihm schienen durch seinen Leib die Steine und Gräser hindurch, als ob der Mönch vor diesen Dingen stünde und aus Glas sei. Man sieht auch die Seite des jungen Mannes ab der unteren Bartspitze bis zu seinem Knie. Der Mönch ist in Großaufnahme abgebildet und scheint seiner Größe nach zu knien, während die beiden jungen Männer hinter ihm in Kleinformat stehen. Auch seine Kapuze war durchscheinend.“

 

2) Zeugnis von Youssef Challita Tannous

„Ich, Youssef Tannous, habe Charbels Einsiedelei am 8. Mai 1950 besichtigt. Besucher von der Kongregation aus Kreim kamen zu mir mit der Frage: „Sollten wir nicht ein Bild von uns allen machen?“ Ich gab ihnen zur Antwort: „Ich habe nichts dagegen!“ Ich stelle mich aufrecht und mit verschränkten Armen hin. Da erscheint plötzlich vor mir ein Mönch und sagt mir: „Ich will mich mit euch photographieren lassen und stelle mich vor dich hin.“ Frère Elias Nouhra brachte den Photoapparat in Position, und plötzlich war der Mönch verschwunden. Nach der Entwicklung des Films tauchte der Mönch, den nur ich gesehen hatte, im Bild wieder auf. Die ihn gekannt haben, sagten, es sei der heilige Charbel. Unterzeichnet am 5. November 1973.“

 

3) Zeugnis derer, die ihn gekannt haben

„Der Anwalt im Seligprechungsprozess, Abbé Mansour Awad, zeigte das Photo folgenden Personen: Alichaa Nakad, Sohn von Wardé, der Tochter Hannas, der der leibliche Bruder Père Charbels ist, dann auch dem Bruder Gerges Nehemtallah aus Lehfed, Père Elias aus Mechmech, Père Youssef aus Ehmej, Bruder Boutros Khalifé aus Maïfouq, Bruder Boulos Younan aus Mechmech, Père Antonios Nehmeh, dann auch Abbé Youssef Saad Khoury aus Mechmech. Sie alle haben Père Charbel zu seinen Lebzeiten gekannt und haben unter Eid ausgesagt, es sei Père Charbel im Augenblick seines Todeskampfes. Seine Hand ähnele der vom Leichnam Père Charbels. Madame Nouhad Al-Chamy sagte: „Dies ist das Bildnis von Père Charbel!“

                                                                                                                                                 

 

4) Der Generalobere Ighnatios Al-Tannoury

„Wir haben das Photo mit Père Charbel vergrößern lassen und es unter dreißig Bilder anderer Ordenssenioren gemischt. Dann sind wir zu Al-Tannouri gegangen und baten ihn, jeden der dargestellten Patres zu identifizieren. Nach und nach gab er uns den Namen der Patres auf dem Photo wieder. Als er am Photo von Père Charbel ankam, schaute er es an, betrachtete es aus der Nähe und gleich darauf flossen Tränen aus seinen Augen, dann küsste er es, benetzte es mit seinen Tränen und wir wussten: Es war tatsächlich das wundersame Photo Père Charbels, das im Objektiv des Photographen aufgetaucht war. Wir fragten ihn: „Père, könnte dieses Photo das Photo eines unserer Angehörigen sein, das Sie so tief berührt hat?“ Er antwortete darauf und schluchzte dabei wie ein Kind: „Nein, es ist jenes von Père Charbel, wo haben Sie es nur gefunden? Man hat Père Charbel nie zu seinen Lebzeiten photographiert!“

 

 

 

 

 

R: Ich gieße meinen Geist aus über alles Fleisch. (Apg 2,17)

 

1) Die Heilung eines Behinderten und eines Gelähmten

„Als man das Grab am 22. April 1950 öffnete, sah ich, Abbé Jean Andari, im Flur einen jungen Mann aus Maïfouq namens Emile Boutros auf zwei Krücken herbeihinken. Er hatte eine Missbildung am Knie. Ich sagte ihm, er solle beim heiligen Charbel Fürbitte einlegen. Während wir in der Kirche waren, um den Leichnam zu untersuchen, hörten wir ein lautes Beifallklatschen und Hurrarufe: Der junge Mann war von seiner Behinderung geheilt worden.

Auch habe ich von einem Mann aus Bmariam gehört, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann. Er arbeitete als Telefontechniker und kam am Tag der Untersuchung des Leichnams ins Kloster von Annaya. Da er nicht ins Grab hineingehen konnte, begnügte er sich damit, seinen Hut an die Mauer zum Segnen hinzulegen. Dann kehrte er nach Hause zurück. Seine Nichte war gelähmt und ihre Eltern hatten von seinem Besuch am Grab Charbels erfahren. Man fragte ihn, was er als Reliquie mitgebracht habe. Er gab ihnen den Hut, mit dem er über die Wand gestrichen war. Sobald man die Gelähmte mit dem Hut berührte, wurde sie gesund und konnte wieder gehen.“

 

2) Es durchschnitt ihr das Herz. (Apg2, 37)

Die Massen strömten insbesondere nach den Untersuchungen herbei, um das Grab zu sehen. Sie kamen aus allen sozialen Schichten und allen Konfessionen. Es waren gelehrte wie einfache Menschen, Regierende und Untertanen, sie alle kamen, um sich von ihren Krankheiten und chronischen Leiden heilen zu lassen. Das größte Wunder geschah an den Menschen, die sich seit Jahrzehnten von jeglicher Sakramentenpraxis entfernt hatten, insbesondere vom Sakrament der Wiederversöhnung. Sie bekundeten bei ihrem Besuch am Grab ihre Ehrfurcht und Bußgesinnung und baten weinend darum, beichten zu dürfen. Bis heute halten viele an ihrer Gesinnung der Reue fest.

 

3) Die Heilung eines Gelähmten (Mk 2, 1-20) und einer blutflüssigen Frau (Mk 5, 25-34)

Ein Soldat aus Zahlé, der herzkrank war und gebrochene Wirbel hatte, wurde geheilt. Nach seiner Beichte und dem Empfang der heiligen Kommunion hat ihn der heilige Charbel wieder gesund gemacht.

Die Schwiegermutter von Père Lattouf Al-Andari litt zwei Jahre lang an Blutfluss und lag schon im Sterben. Sie wurde auf die Fürsprache Charbels hin geheilt.

 

4) Eine Rheumaheilung

Nehmé Youssef Ibrahim, einen der Bauern von Saint-Maron, hatte im Jahre 1941, als er fünf Jahre alt war, ein Rheumaleiden befallen. Die beratenden Ärzte hatten sich auf eine lange Behandlungsdauer eingestellt. Seine Mutter wandte sich im Fürbittgebet an Père Charbel und bat um eine Reliquie von seinem Grab. „Ich, Père Antonios Nehmeh, bat sie um ein Stück Stoff und um Wasser, dessen Gefäß mit dem Habit von Père Charbel in Berührung gekommen war. Sie nahm beides und legte den vom Wasser durchtränkten Stoff auf die Gelenke des Kindes. Plötzlich begann es sich zu bewegen und am folgenden Tag war es gesund. Ich habe das Kind vor und nach seiner Heilung gesehen.“

 

5) Wie damals bei Jesus

„Ich, Père Vaillaume, bin persönlich zum Berg von Jbeil hingegangen. Das Schauspiel war einfach wunderbar: Dutzende von Minibussen und Hunderte von Autos brachten die Menschenmengen herbei. Dies erinnerte mich an die Menschenmenge, die vor 2000 Jahren unserem Herrn Jesus gefolgt war. Eine solche Szene hinterlässt den Eindruck eines tiefen Glaubens! Auch Bekehrungswunder sah ich, die über die Heilungswunder noch hinausgehen.“

 

6) Jesus lebt!

Mehr als 5000 Heilungswunder sind bis heute ins Klosterregister von Annaya aufgenommen worden. Einige Zeugen tragen unauslöschliche Spuren an ihrem Leib wie Madame Nouhad Al-Chamy und M. Raymond Nader. Dazu kommen Zehntausende von Wundern im Libanon und im Ausland, die nicht ins Register aufgenommen worden sind. Das Entscheidende, damit Gottes Geist wirken kann, ist die innere Umkehr. So gesehen ist das Heiligtum von Père Charbel auf internationaler Ebene ein Ort, der den Sünder zur Reue, zur Wiederversöhnung mit Gott und zu einem ruhigen Gewissen zu führen vermag. Jesus ist immer lebendig, er heilt die Wunden einer leidenden Menschheit, verzeiht ihr die Sünden, die zu ihrem unausweichlichen Tod führen könnten und schenkt ihr das ewige Leben.

 
 
 
 

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